NOROWANK
– Kultur statt nacktem Fels
Nach
unserem Drohnenverlust kletterten wir noch einen weiteren, windigen
Tag im Hells Canyon, bis wir wieder aufbrachen. Nochmal vorbei am
Norowank Canyon, ging es Richtung Süden. Uns fielen die Worte eines
pensionierten Gymnasiallehrers wieder ein, den wir mit dem
Philologenverband im Norovank Canyon getroffen hatten. „Weiter
hinten im Canyon steht ein wundervolles altes Kloster...nicht nur
hier den nackten Fels beklettern, auch ein bisschen Kultur machen!“
waren seine mahnenden Worte und so hätten wir es nicht ohne
schlechtes Gewissen am Norowank vorbei geschafft, ohne ihn ein
weiteres Mal und diesmal noch tiefer zu besichtigen.
In der Tat waren
die alten Mauern von noch schönerem Fels umrandet, als den, den wir
beklettert hatten...liebes Petzl Rock Tour Team: Armenien hat (wie
Georgien übrigens auch!) unfassbares Potential, um ein riesiges
Kletterparadies zu werden! Bitte nehmt ein paar Bolts in die Hand und
bestückt diese fabelhaften Wände...ich denke das Land kann noch
mehr als die handvoll Touristen vertragen, denen wir begegnet sind?!
Und ja, die alten Kapellen waren auch ganz sehenswert...
Danach
ging die Fahrt weiter, über Bergpässe auf denen Autoabgase nochmal
ganz anders in Erscheinung treten und vorbei an dem ein oder anderen
Motiv, für dass es sich anzuhalten lohnte.
GORIS
– knapp bei Kasse
Wir
hielten Ausschau nach einer Tankmöglichkeit, welche wir alsbald nur
4 km vor Goris fanden, 39°30`38.48“N,46°19`47.35“ E.
Mit
der Gewissheit, noch mehrere Tausender in der Tasche zu haben, ließen
wir alles volltanken, das Auto und die Gasflasche zum kochen. Als es
ans Zahlen geht, bemerken wir, dass es zwar unglaublich viele Scheine
mit unzähligen Nullen sind, die wir noch haben, allerdings trotzdem
5000 fehlen. Mit Karte zahlen? Fehlanzeige! Doch der Tankwart gibt
uns mit Gebärden zu verstehen, dass es in Goris Bankautomaten gibt.
So fahren wir los, unsere Gasflasche als Pfand zurücklassend, um
Geld abzuheben. Gar nicht so leicht ins Zentrum zu gelangen...auf dem
Weg begegnen uns Schafe und Ziegen in großen Herden, welche die
Straße in Beschlag nehmen.
Endlich die ersehnten Scheine in der
Hand haltend, fällt uns eine Garage auf, in der mehrere Frauen
frische Brotfladen backen. Noch bevor wir unsere Schulden begleichen
schnabbulieren wir einen davon flink weg. Das Holz, welches den Ofen
befeuert, hinterlässt eine schmackhafte Note auf dem Gebäck. Dann
fahren wir zurück zur Tankstelle.
TATEV
– Das Dorf in den Wolken
Auf
dem Weg nach Tatev bekamen wir von zwei armenischen Backpackern die
für uns neue Info, dass es auch in den Bergen um Tatev ein
Klettergebiet geben soll...ein Telefonat mit einem Kumpel später,
konnten sie uns recht genau den Ort auf unserer Navigationsapp
zeigen.
Zu schade, dass es ein nebeliger und recht frischer Tag
war...so fuhren wir weiter zu den heißen Quellen, in der Hoffnung
auf Kletterwetter für die kommenden Tage.
Der
Morgen hielt anderes bereit...geweckt von Regen war uns schnell klar,
wir brauchen einen Plan B! Als das Frühstück vertilgt war, flickten
wir also den Vorderreifen meines MTBs, der aus unerfindlichem Grund
stetig langsam Luft verlor, um uns von den Heißen Quellen in das
611m höher gelegene und 6 km entfernte Tatev aufzumachen.
Schnell
wurde einem wärmer und die nur ein paar Km/h schneller an uns vorbei
kriechenden Autos hupten wild...es wurde gewunken, ungläubig
geguckt, angehalten und gefragt ob wir so bis nach Tatev wollen und
gelacht. Vermutlich wurde die Landschaft bislang noch nicht von
Mountainbikern erobern...erstaunlich wie wir finden, mit der modernen
Bergbahn bis nach oben fahren oder mit dem Auto die geschotterten
Serpentinen erklimmen macht sicher nur halb soviel gute Laune?!
Höhenmeter um Höhenmeter verschwanden wir in den Wolken, welche an
diesem Tag tief hingen und das 1600m.ü.M. gelegene Dorf verschwand
gänzlich in ihnen.
Oben angekommen gönnten wir uns einen warmen
Tee, aßen zu Mittag und besorgten noch schnell im Dorfladen zwei
Brote und ein paar Eier...kaum den Laden verlassen erntete ich einen
mitleidigen Blick der netten Verkäuferin denn, ich hatte die Tüte
mit den Eiern fallen lassen! Ich konnte mir ein Lachen über die
eigene Schusseligkeit kaum verkneifen und die Frau entgegnete mir nur
„Today, Omlette!“. Fürwahr!
Nachdem wir die Schotterpiste
Downhill gesaust waren und abends die Eierpampe verwerten wollten
wurde uns klar, dass wir ohne Sieb wohl kaum die Eierschalle
separieren konnten und so war des einen Pech des anderen Glück. Denn
obwohl wir uns in Verzicht üben mussten und es Brot zu Abend gab,
freute sich unser kleiner Welpenfreund umso mehr, als er Abends die
Plastiktüte leer schlabbern durfte.
VOROTAN
QUELLE – paradiesisches Plantschen
Am
nächsten Morgen wurden wir wieder von Regentropfen geweckt, die auf
unser Busdach prasselten...glücklicherweise lag unser Ausflugsziel
für den Tag eh direkt vor der Bustür. Nach einem sehr gemächlichen
Start in den Tag machten wir uns gegen Mittag bei herbstlichen
Temperaturen aber wenigstens ohne Regen auf, zu den Wasserbecken.
Wenn die Außentemperatur so niedrig ist, erscheinen einem die 32 °C
Wassertemperatur mollig warm und so kletterten wir in Bikini und
Badehose hinab in die Tropfsteinhöhlen, schwammen im kalten Nass, um
dann in die warmen Becken zu wechseln, in denen man umgeben von
elfenbeinweißen und jaspisgrünen Sintern und Stalaktiten glücklich,
Zähne klappernd vor sich hin schlotterte.
Wieder
im Bus angekommen und in Wollpullover gehüllt, mit einer warmen
Tasse Tee in der Hand, staunen wir noch lange darüber, was die Natur
so alles an Phänomenen zustande gebracht hat. Phantastisch, was uns
auf unserer Reise alles begegnet!
Am
nächsten Morgen können wir unseren Augen kaum glauben...schönster
Sonnenschein und unser kleiner Freund, der vor unserem Bus bereits
winselt und beschäftigt werden will, wecken uns. Der kleine Fratz,
den wir Firò getauft haben, wird alsbald von den ersten
Einheimischen beschäftigt, die an diesem Samstag zahlreich für die
Quelle anreisen. Hunger leiden muss er wohl keinen und gestreichelt
wird er auch von Jedem_r.
Die
ersten Besucher an unserem Bus lassen auch nicht lange auf sich
warten und so führen wir mal wieder die bekannten Gespräche über
unseren Bus, unsere Herkunft und wohin es als nächstes geht,
bekommen einen Apfel geschenkt (am Vortag bekam ich sogar von einem
der Besucher eine Rose in die Hand gedrückt) und...wir werden
mehrfach gefragt, ob das unser Hund sei?! Nein entgegnen wir, in der
Hoffnung es möge sich jemand finden, der den kleinen Firò mit nach
Hause nimmt...wir selbst können ihn schwerlich übermorgen über die
iranische Grenze schmuggeln.
Treu
folgt uns der wackelnde Knirps bei unsere kleinen Wanderung in den
Canyon, mal wieder vorbei an formidablem, potentiellen Kletterfels
und über einen traumhaft schönen Bachlauf.
Firò zögert, als er
uns von Stein zu Stein über das Wasser hüpfen sieht, lässt sich
durch gut Zureden dann allerdings doch motivieren.
Er scheint den Tag
zu genießen und flitzt ganz ausgelassen um uns herum, immer wieder
stoppend, um zurückzublicken, ob wir noch da sind. An den alten
Klostermauern angekommen, die inmitten herbstlich bunter Blättermeere
verborgen liegen, gehen wir auf Erkundungstour. Schon bald begegnet
uns ein langbärtiger Herr, der uns weist, dass der Hund hier nicht
sein dürfe, doch obwohl Firò sich artig vor das Tor pfeifen lässt
behagt es ihm so gar nicht, dass Valentin drinnen bleibt, um noch ein
paar Fotos zu schießen. Winselnd und fiepend wartet er mit mir vor
dem eisernen Tor, immer mal wieder austestend, ob er vorbei an mir
durch die Gitterstäbe passt...was dem flinken Kerl nach mehrfachem
Anlauf auch gelingt. So entschuldigen wir uns von weitem bei dem
Bewohner des Gemäuers, welches als Schauplatz eines
Phantasy-Streifens wohl kaum geeigneter sein könnte und wandern
wieder heimwärts. Wieder zu Dritt scheint auch für unseren pelzigen
Freund die Welt wieder in Ordnung und so tobt er uns wieder
vergnüglich zwischen den Beinen herum.
Wir nutzen den restlichen Tag
noch, um zu duschen, das Geschirr abzuwaschen und unsere
Wasserkanister zu befüllen...Tätigkeiten, welche zu Hause nebenbei
erledigt werden, fordern auf Reisen mehr Aufmerksamkeit und vor allem
Zeit und so ist es später Nachmittag, als wir uns schweren Herzens
von dem Fellknäuel verabschieden, um ganze 5 km weiterzufahren, zu
einem ebenso Filmkulissen tauglichen Aussichtspunkt und den
Kletterfelsen, die uns bei unserer Ankunft gezeigt wurden.
Morgen
gehen wir auf die Suche nach Bohrhaken und Umlenkern...
Wir
werden fündig! GPS 39°23`24.57“N,46°16`38.15“E
Die
Routen scheinen noch sehr Jung zu sein, die Bolts Nagelneu und die
Namen der Routen sind fein säuberlich mit Schablonen auf den Fels
aufgebracht worden (leider nicht mit „unseren“ Buchstaben). Aber
da wir die Topos zu dem Gebiet online eh nicht finden konnten, spielt
das keine Rolle. Die Homepage befindet sich noch im Aufbauprozess
aber bei Hakenabständen von ca. 1m kann man auch einfach mal
einsteigen, ohne den genauen Schwierigkeitsgrad zu kennen. Wer gerne
Verschneidung klettert, oder sich an Rissen hochhangelt oder sich
gerne einen Kamin hochschafft ist hier an der richtigen Adresse! Das
Gebiet liegt gut ersichtlich gegenüber des Parkplatzes des
Steinpavillions und nachdem man den kleinen Weg links am Kreuz vorbei
gegangen ist und sich etwas die Böschung hochgearbeitet hat, zeigen
sich einem die vielen Bolts...eine Route neben der anderen!
Heute
treten wir den Weg gen Iran an!
PS: Unsere Freunde aus Tschechien (Adam und Zuz von Make World not War) haben mittlerweile eine Zusammenfassung ihrer Begegnungen in Georgien auf Youtube gestellt:
ab Minute 1:50min darf man unser fettes Grinsen bestaunen :)
manche der Bilder sind leider nicht richtig dargestellt im Fließtext...muss wohl beim Hochladen was schief gelaufen sein?! ihr müsst sie anklicken, um die gewohnte Qualität zu haben ;)
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