Iran 2

KERMANSHAH - die Tage danach

 
Nach unserem zweitägigen Polizeimarathon dachten wir noch, nix wie raus aus dieser Stadt, erstmal irgendwo zur Ruhe kommen, alles sacken lassen. Und so machten wir am Nachmittag und am Abend noch ein paar Besorgungen in der Innenstadt.



Wer hätte da ahnen können, dass wir drei mega sympathische Kletterer aus dem Iran treffen würden, die uns -mit nicht allzu viel Nachdruck- überredeten, noch einen Tag länger zu bleiben, um gemeinsam klettern zu gehen. Am nächsten Tag fanden wir uns also oberhalb der Stadt an fabelhaften Fels wieder , der die Möglichkeit zum Sportklettern und für Mehrseillängen offerierte. GPS 34.389355,47.137601


 
Umso mehr fiel uns die Kinnlade runter, als wir sahen, wie manche der älteren Herrschaften einfach Free Solo die Felsen hochkraxelten ohne vermutlich je was von "Free Solo" gehört zu haben. Oben angelangt nutzen die Herren die Akustik der Felsen, um ihre Gesangskünste zum Besten zu geben. 


Wer in Kermanshah groß wird, wird wohl ganz selbstverständlich mit klettern groß...aber ohne Seil, Kletterschuhe oder Gurt. Wir verlängerten den einen Tag gemeinsam klettern auf einen zweiten gemeinsamen Tag und dann müssen wir uns regelrecht zwingen Abschied zu nehmen, von den formidablen Felsen und den wirklich netten Locals.






 



BISOTUN - Die Wand so groß, die Bohrhaken so klein...





Wir fahren weiter zum Bisotun. Der Berg ist eine der bekanntesten Big Walls der Kletterszene, soll aber auch Möglichkeit zum Sportklettern bieten. Nach einer ruhigen Nacht an der Moschee machen wir uns auf uns durchzufragen. "Gesperrt!" ist die Antwort, die wir von der Mehrheit erhalten. Direkt nebenan ist ein UNESCO Weltkulturerbe, weshalb der Bereich zum Sportklettern wohl nicht mehr begangen werden soll. Wir schnappen uns dennoch das Fernglas und halten nach Bohrahaken Ausschau...unser neuer Freund Pooria hatte schon angedeutet, dass man evtl heimlich um den Zaun spazieren muss...doch wir werden nicht fündig. Die Wand ist einfach zu groß, um unsere kleinen metallenen Unterstützer zu finden und so machen wir uns auf zum nächsten Gebiet.












HAMEDAN & KHORZANEH - Publikum beim Bouldern mit Seil

 
Warum findet man eigentlich in den meisten Beschreibungen für die Lage der Klettergebiete oder derren Zustieg keine GPS Koordinaten? Auch im Falle Hamedan bzw Khorzaneh ergeht es uns nicht anders...der kryptischen Beschreibung folgend, landen wir in einem Dorf bei Hamedan, dessen Bewohner alle in unterschiedliche Richtungen zeigen, wenn sie nach den Kletterfelsen gefragt werden. Bis wir Kamran mit seinen beiden Kindern treffen. Trotz unserem Mangel an Farsi und seinem Mangel an Englisch, versteht er was wir suchen und steigt entschlossen in sein Auto. Irgendwann geht eine kleine Schotterpiste von der Straße ab, die wir ca. 3km lang fahren, bis wir am Fuß eines Hügels angelangt sind. DAS hätten wir sicher niemals ohne Kamran gefunden!
GPS 34°45`53.2"N,48°33`23.04"E



Er selbst ist vollends begeistert über unser Vorhaben, dort klettern zu gehen und so haben wir Publikum, denn er begleitet uns den gesamten Tag, sitzt einfach da und sieht uns zu und scheint mit dieser Rolle sehr zufrieden, obwohl wir ihm mehrfach anbieten, es doch mal im Toprope selbst zu probieren. Die Felsen sind aus sehr kompaktem Sandstein, die Länge überschaubar. Mit ca 10m fühlt es sich eher wie Bouldern am Seil an, allerdings entdecken wir auf den paar Metern dennoch techisch anspruchsvolle Züge und ein bisschen Leistengeballer. Beim Abstieg zeigt uns Kamran noch eine beeidruckende Höhle, die sich hervorragend zum Bouldern eignet und den Chalkspuren nach zu urteilen auch für diese Zwecke genutzt wird.


Am Abend nimmt er uns mit zu seiner Familie, wir lernen seine Frau kennen die uns köstlichen Chay kocht und uns sicher noch gerne zum Abendessen dabehalten hätte (leider wird hier erst gegen 22h gegessen, was für uns der sichere Hungertod nach einem Tag klettern bedeutet hätte), so schlagen das Angebot freundlich aus.
Am nächsten Tag gehen wir ein weiteres Mal klettern, Kamran erneut als Zuschauer an unserer Seite. Am Nachmittag verabschieden wir uns dann, wir müssen aufbrechen Richtung Teheran, auch wenn wir uns einen Besuch der Stadt gerne erspart hätten.







POL-E-KHAB - Herbstkulisse und Picknickzelte

 
Wir ergattern einen perfekten Standplatz zum Schlafen für die Tage in Pol e Khab. Ein Restaurantbesitzer ist einverstanden damit, dass wir uns in seinen zauberhaften Innenhof stellen, unter große Walnußbäumen und ein bisschen ab der Straße schläft es sich ganz ausgezeichnet und nachts schließt er sogar das Eisentor und lässt uns Kameraüberwachen. Ein Hochsicherheitstrakt der nur unweit des Zustiegs zum Klettergebiet liegt.
GPS 36°01`05.37"N,51°08`51.53"E




Man kann die zahlreichen Kletterer schon von der Straße aus sehen, bevor man den steilen Anstieg über Geröll in Angriff nimmt. Das Gebiet nähe Teheran ist eines der bekanntesten im Iran und dementsprechend stark frequentiert. Auch hier gibt es für Sportkletterer die erste Seillänge von ca 30-35m zu machen oder aber man bleibt dran und begeht eine der unzähligen Mehrseillängentouren. Bezaubert vom Panorama machen wir uns auf die Suche nach einer freien Route, die uns ermöglicht uns aufzuwärmen und treffen auf zwei Belgier und einen Deutschen, welcher in Teheran lebt. Der Tag wird eher plappernt zugebracht, denn wir begehen nur vier Routen, zwei davon zum Aufwärmen.
Am Abend setzt der Regen ein und wir verziehen uns flink in unseren Bus. Die ganze Nacht trommeln die Tropfen aufs Autoblech und so fügt sich alles, denn Valentin ist etwas angeschlagen und wir machen aus dem Folgetag einen gemütlichen Ausschlaftag mit kleinem Herbstspaziergang und probieren uns ein wenig durch das Angebot des hießigen Bäckers durch. Auf unserem Spaziergang vernehmen wir plötzlich ein leises Winseln. In dem kalten Bergbach unter uns hat sich ein kleiner, zitternder Welpe verirrt und findet nicht mehr heraus. Auf der Brücke darüber wartet eine großer Hund und läuft nervös hin und her. Valentin nimmt sofort seinen Auftrag wahr, klettert die Brücke hinab und hebt den Welpen aus dem Flussbett. Die Freude des großen Wauz ist ungebremst, er wedelt wild mit dem Schwanz und beginnt mit dem kleinen nassen Knäuel zu toben. Die beiden sind glücklich sich wieder zu haben und Valentin traurig, auch von diesen Zweien wieder zu verabschieden, statt sie mitzunehmen.



Nach einer weiteren Nacht brechen wir zeitig auf Richtung Teheran, denn uns wurde prophezeit, dass der Verkehr die Hölle werden würde.











 




TEHERAN - Keine Erwartung birgt Chance zur Überraschung
 
Wir hätten uns die Fahrt nach Teheran gerne gespart. Die Reiseführer unterschiedlichster Verlage lassen kein gutes Haar an der Stadt, chaotisch, jährlich 5000 Tote aufgrund von Luftverschmutzung, hässliche Stadt, anstrengend viele Menschen, nichts nennenswertes zu besichtigen...auch Freunde rieten uns ab mit den Worten "Wenn man nicht für irgendwas dort hin muss, kann man Teheran auch auslassen".
Wir müssen allerdings, denn nach unserem Raubüberfall knipsten wir unzufrieden mit der verbleibenden Handykamera, teilten uns dieses und der Blog lag auch brach...neue Elektronik musste her! Jedoch ist diese kaum irgendwo so günstig zu erstehen, wie in Deutschland und so nutzen wir Valentins Vitamin B und nahmen Kontakt zu seinem alten Arbeitgeber auf, der auch in Teheran ein Office betreibt. Bald würde eine Mitarbeiter nach Teheran fliegen, der uns die begehrten Artikel mitbringen könnte. Und so bestellten wir fleißig, ließen an die Adresse des Kollegen liefern, der die Artikel weiterreichte, welche uns im Office in Teheran überreicht werden sollten...welch Möglichkeiten sich in Zeiten der Vernetzung und der Globalisierung offerieren...in diesem Fall klar zu unserem Vorteil!
Wir parken am Mausoleum Khomeinis, bereits durch ein Allradforum wissend, dass ein anderes Overlander Pärchen dort stehen müsste. Auf dem Platz für LKW treffen wir Mirco und Sarah, die mit ihrem Rundhauber unterwegs sind. Obwohl der Parkplatz in Overlander Foren empfohlen wird springt bei uns der Funke nicht so recht über. Die Menschen, welche hier her pilgert sind Fundamentalisten, wer sich mit Khomeini auch nur oberflächlich beschäftigt entdeckt schon viele disskussions- und kritikwürdige Aspekte. Nach langem hin und her und einem guten Tipp einer iranischen Freundin von Mirco und Sarah beschließen wir zu einem Park zu fahren in Teheran. Wir warten bis 22h, um die Rushhour zu umgehen und stehen letztendlich sehr komfortabel am Eingang des Parks und bilden mit unseren Gefährten einen kleinen Innenhof, in dem wir die nächsten 3 Tage den geschenkten Chay morgens und abends geniessen, gemeinsam kochen und Teheran anders erleben als angekündigt. Keine oder gar negative Erwartungen haben, birgt halt immer auch die Chance, positiv überrascht zu werden. Beim hineinfahren in die Stadt drängen sich einem noch beißende Gerüche auf, in der Stadt selbst ist die Luftverschmutzung allerdings erträglich. 


Wenn man das Auto stehen lässt und die urbane Umgebung zu Fuß oder mit den Bussen erkundet (sofern diese eine eigenen Spur haben) muss man sich auch nicht darüber ärgern, stundenlang im täglichen Verkehrschaos zu stehen. Wobei der Begriff `Verkehr` es  nicht trifft, das Wort `Stau` trifft es eher. Wir verbringen ein paar schöne Tage, die Übergabe unserer neuen Reisegüter verläuft reibungslos und so verabschieden wir uns von unseren Nachbarn, die noch ein paar Tage länger verweilen und machen uns auf zu Teherans Antagonisten Isfahan, allerdings nicht ohne noch einen kurzen Tagesausflug nach Qom zu wagen.





QOM - Schwarze Banner Schwarzer chador

 
Das Stadtbild ist geprägt von zwei Farben, Schwarz und Türkis. Während die Gebäude in schönstem Türkis, mit grünen und blauen Ornamenten im Sonnenlicht erstrahlen sind die Menschen schwarz gekleidet. Besonders auffällig ist, dass die Frauen hier ausschließlich in Chador unterwegs sind, was nach dem liberalen Teheran mit locker geschwungenen Tüchern auf der Hinterkante des Kopfes ein starker Kontrast ist. Auch ich habe extra für Qom ein schwarzes Kopftuch gewählt in dem ich zusätzlich noch versuche meine Arme zu verbergen. Wir bummeln ein wenig über den Basar, in welchem nur ein paar Läden geöffnet sind, die meisten machen noch Mittagspause. 





Überall hängen schwarze Banner mit für uns unleserlichen Schriftzügen. Man merkt, dass diese Stadt religiöse Hochburg des Landes ist, nicht nur, dass man den Menschen ihren tiefen, traditionellen Glauben ganz offensichtlich ansieht, auch die Moschee ist anders als die bislang gesehenen pompös und bildet den Mittelpunkt der Stadt. Uns bleiben nur die Eindrücke eines nachmittäglichen Bummelns, da wir Isfahan mehr Zeit einräumen wollen, bevor wir Ursel und Janus (asienreisende.de) in Yazd treffen.



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