Oman 1

WONDERWALL – Teures Klettervergnügen ins neue Jahr


Der Grenzübergang von den Emiraten in den Oman ist unkompliziert. Feras, bei dem wir unsere ersten Tage in den Emiraten verbringen durften, hatte uns ein Klettergebiet direkt an der Grenze empfohlen und uns schon wissen lassen, dass man für das Gebiet nicht mal ein Visum benötigt, da es so nah an der Grenze liegt. Dennoch sind wir verwirrt, als uns die Oman-Grenzpolizisten direkt durchwinken und „Go Go Go!“ rufen. Nicht mal ein Einreisestempel? Kein Blick in unseren Pass? Wir biegen nach den noch nicht fertig gestellten Grenzgebäuden auf omanischer Seite ab und machen uns auf den Weg zur Wonderwall...weiter grübelnd über die schnelle Abfertigung. Die Wand ist Teil eines großen Felskessels, umschlossen von Bergen und ein paar kleineren Palmenplantagen stehen wir nach langer Zeit mal wieder Einsam und in zauberhafter Stille. GPS 24.073052,56.045308
Dort verbringen wir dann auch Silvester, zu Zweit mit Kletterfels am Tag, Sternenhimmel in der Nacht und einer Kleinigkeit zum anstoßen :)




Nach vier Tagen und dem ein oder anderen Besuch der Plantagenbewohner aus Bangladesch und Afghanistan (die Drei unternehmen von Zeit zu Zeit Wanderungen auf den Berggipfel, um Internetempfang auf ihren Handys zu haben), wollen wir zum nächsten Gebiet aufbrechen. 

Da unsere Verwirrung über die Einreiseprozedur noch nicht verflogen ist, fahren wir nochmal zurück, zu dem kleinen Übergang. Dort erfahren wir, dass wir erst 20-30km landeinwärts fahren müssen, bevor wir auf die eigentliche Grenzbehörde treffen, um ein Visum zu beantragen. Das klingt doch schon besser denken wir, dort bekommen wir das Visum und wissen zumindest, wann wir ganz offiziell wieder ausreisen müssen. So einfach wie wir uns das dachten wird es dann leider nicht. Der Grenzbeamte wirft einen Blick auf den Ausreisestempel der VAE, fragt warum wir jetzt erst hier sind und wir erklären uns...er findet es nicht sehr witzig, dass wir mehrere Tage „illegal“ im Land waren und weißt uns darauf hin, dass jeder Tag ohne Visum im Land eine Strafzahlung mit sich bringt. Schöne scheiße...so sind wir statt den üblichen 40 Rial direkt 100 Rial losgeworden. Danach beginnt noch eine kleine hin und her Rennerei wegen des Carnet de Passages...die Beamten wissen nicht so recht, wie damit umzugehen ist, welcher Teil ausgefüllt und gestempelt gehört?! Am späten Nachmittag und nach einer sehr süßen, heißen Milch mit Ingwer und Kardamom, ist es dann geschafft und wir fahren zum Kubrah Canyon.



KUBRAH CANYON – Teil einer Ziegenherde sein...

Der perfekte Kletterort wenn die Sonne scheint und man ein wenig Plaisir klettern mag! Der Canyon bietet formidablen Schatten und nachdem man vom Parkplatz abgestiegen ist, greift man gerne zu was langärmeligen, denn dort unten ist es frisch und der Wind lässt einen vergessen, dass man am Parkplatz oben eben noch geschwitzt hat. Perfekt zum klettern! GPS 23.446667,57.881111

An unserem ersten Tag fangen wir gediegen an und machen nur 4 Routen. Schnell stellen wir fest, dass die Routen sich in dem gewählten Sektor wenig in ihrer Schwierigkeit, sondern eher in den Bewegungen unterscheiden. 

Uns kommen die zwei 6c nicht anspruchsvoller vor als die zuvor zum aufwärmen gegangene 6a+ oder 6b. Wirklich viel schwereres als 6c findet man dort auch kaum. Während man so klettert kommen immer wieder Scharen an zotteligen Ziegen vorbei, auch am Parkplatz ist man immer mal wieder umzingelt von den frei umher streunenden Tieren, die gen Abend doch alle Richtung Dorf wandern.

An unserem zweiten Tag versuchen wir uns am Ende noch an der einzigen 7a die wir finden konnten und staunen dann doch. Ein recht großer Sprung zwischen 6c und der einen 7a tut sich auf und wir bouldern die sehr kraftigen und recht slouperigen Züge mit fehlenden Tritten nach oben. So fühlt man sich nach der gerade mal 10m(?) „hohen“ Route bereit, den Feierabend einzuläuten und sich einen Haufen Pasta einzuverleiben. An dem Tag gesellen sich noch zwei bouldernde Urlauber aus Deutschland zu uns hinzu. Im Flussbett des Canyon liegen riesige Felsbrocken, zwar ohne Topos und wahrscheinlich auch noch nicht als Boulder erkannt, kann man hier auch mit Crashpad was zum anfassen finden! Am folgenden Tag wollen wir noch einen weiteren Sektor anschauen und erst am Nachmittag Richtung Maskat aufzubrechen. Wir klappern einige lange recht einfache Routen zwischen 6a und 6b ab,generell ist unser Klettern im Kubrah Canyon eher von Masse statt Projekten geprägt, bis wir den Sektor Hoppin`John erreichen. 


Auch dort gehen wir zuerst in eine 6b und erleben die nächste Überraschung. Der Sektor hat im Gegensatz zu den Vorangegangenen spiegelglatte Felsen, kaum Kanten und verlangt mit seinen Sloupern viel Balance ab. Die beiden Boulderer gesellen sich zu uns und so staunen wir gemeinsam, als Valentin in Anschluss die 6c+ vorsteigt. Wo treten? Da ist alles glatt...schlechte kleine Griffe, die man dann noch doppeln muss. Nachdem Valentin sich irgendwie Stück für Stück hochgekämpft hat versuchen wir es alle nach ihm im Nachstieg. Wir verwerfen unseren Plan am Nachmittag zu fahren und kehren am frühen Abend platt zurück zum Bus, erst mal einen Haufen Nudeln kochen!




MASKAT – Biken, Werkeln, Sightseeing.

Was kann es Schöneres geben, als ein zwei Tage faul am Strand zu liegen, um die Muskeln nach dem klettern zu entspannen?! Doch der Morgen an dem wir die Bustür an der Strandpromenade aufschieben ist bewölkt. Da wir nach dem Frühstück, wie immer wenn wir in der Stadt stehen, erst mal nach einer Toilette Ausschau halten müssen, entscheiden wir uns die Strecke zur nächsten Mall inkl. Sanitäranlagen mit unseren Rädern zurück zu legen. Doch was dann? Der Plan, einfach lazy am Strand zu liegen, macht wenig Spaß bei grauem Himmel und Wind...so entscheiden wir spontan auf dem Sattel zu bleiben und uns die Stadt zu betrachten, wie ich es am liebsten mag: Planlos umher sträunern und gucken, was man auf dem Weg alles entdecken kann, einfach abbiegen, wo es einem schön erscheint und rasten, wo der Platz zum Verweilen einlädt. Und siehe da, der Tag wird noch ein ganz Sonniger werden. 




So entdecken wir das naturwissenschaftliche Museum für Kinder, nebst einem riesigen Bau, der die Bibliothek Maskats darstellt...ebenfalls für Kinder! Der weiße Klotz ist so groß, wie so mancher Bibliotheksbau der TU Darmstadt, gefüllt mit Kinderbüchern. Was man zum Oman vielleicht erwähnen sollte: das Land erlebte die letzten 50 Jahre einen rasanten Wandel. Als der heutige Sultan seinem Vater die Macht entriss, hatte der Oman gerade mal 10 km geteerte Straße, es gab keine Krankenhäuser und keine Schulen, nur aus dem Koran wurde vorgelesen. Doch dem Sultan schwebte etwas anderes mit dem Land vor, er investierte das Geld aus den Ölfeldern in Straßen, Schulen, Universitäten und Krankenhäuser. Jedes noch so abgelegene Dorf im Oman ist mittlerweile am Stromnetz und jede_r BewohnerIn kann binnen einer Stunde eine medizinische Versorgung genießen. Die Omanis sind zurecht mächtig stolz auf ihr Straßennetz und man findet wohl kaum jemanden, der nicht hinter dem Sultan steht. So freut einen der Anblick einer so gigantischen Kinderbibliothek umso mehr, weil es mal wieder deutlich zeigt, dass Infrastruktur und Bildung in einem Land einfach alles verändern kann, in kürzester Zeit.
Wir entdecken auf unserer Radtour noch die ein oder andere hübsche Moschee, hier und da eine Villa, cruisen auf frischem Asphalt und erspähen einen kleinen Vergnügungspark. Nachdem wir uns ein Eis gegönnt haben, geht es dann über Hügel entlang der Küste zurück zu unserem Bus.


Am nächsten Tag steht mal wieder was auf dem Programm, was sich mittlerweile schon so selbstverständlich wie Zähne putzen anfühlt: Wir fahren zu einer Werkstatt, denn unser Lagerschaden hat die Lenkstange in Mitleidenschaft gezogen und die lässt bei gewissen Geschwindigkeiten das Lenkrad ganz schon ausschlagen. Also auf zu Mercedes Benz und eine neue bestellen. Dachten wir. Dort wird uns allerdings gesagt, dass das Teil nicht mal mehr in Deutschland lagerhaltig ist denn, unser Auto sei schon so alt...pah! 1989er Jahrgang...alt? Der Manager kommt hinzu, sieht unser Problem als Herausforderung und klemmt sich hinter das Telefon. Der nette Herr ist ganz angetan, dass wir derzeit im Bus leben und reisen, so etwas hat er vorher nur im Fernsehen gesehen. Leider kann auch er nichts an dem Umstand ändern, dass das benötigte Teil nicht verfügbar ist. Allerdings empfiehlt er uns eine Werkstatt, die uns evtl. weiterhelfen kann?! Also auf zur Werkstatt, die dann irgendwie kleiner ausfällt, als wir sie uns auf Empfehlung des riesigen Mercedes Händlers und der zugehörigen Werkstatt vorgestellt hatten. Die zwei permanent strahlenden Jungs machen auf uns aber direkt einen sehr kundigen Eindruck und so machen sich souverän an die Arbeit die Lenkstange zu demontieren. 



Dann schwingt sich der Eine von Beiden aufs Rad...Valentins Neugierde ist geweckt, wo fährt er hin und wie wird das kaputte Gelenk repariert, er hat so etwas noch nicht gesehen und ich natürlich auch nicht. Kurzerhand drückt uns der andere Mechaniker sein Rad in die Hand und so schwing ich mich auf den Gepäckträger und Valentin strampelt unserer Lenkstange und dem anderen Mechaniker hinterher zur nächsten Metallwerkstatt. Dort wird das Gelenk wieder reingepresst und unser Roter rollt seither wie eine Eins, deshalb hier eine Empfehlung für jeden, der im Oman was an der Lenkstange machen lassen will: GPS in etwa 23.594432,58.560639
Wir drücken den Jungs nach nur einer Stunde Arbeit den Preis in die Hand, den wir am Anfang ausgehandelt hatten, als die Beiden noch von drei Stunden Arbeit ausgegangen waren...sprich, die Preise sind mehr als Fair und wir waren überglücklich, das Lenkrad bei der Fahrt nicht länger festkrallen zu müssen. Das Glück, wollten wir mit den Beiden gerne teilen.
Wir rollen ohne ruckeln weiter in den Hafen von Maskat, dort soll es einen alten Souq geben, durch den wir bummeln wollen, allerdings vergessen wir mal wieder, dass es Mittag ist und alle Läden bis ca. vier Uhr eh geschlossen sind. Doch das hält uns nicht ab, ein wenig durch die Gassen zu schlendern, zur Festung von Maskat aufzusteigen und zu einem nahegelegenen Park zu fahren, um von dort aus am Abend nochmal mit den Rädern zum Souq zu fahren. Der Park ist auch sehenswert. Eine gigantisches Kelchmonument prangt hoch oben auf einem Hügel und unterhalb stehen Fahrgeschäfte neben mehreren Spielplätzen und das alles mit direktem Blick auf den Hafen und den dort ankernden Schiffen. 





 
Als wir am Abend zum Souq fahren staunen wir über die Touristenflut vor Ort. Naiv von uns zu glauben, dass das Kreuzfahrtschiff im Hafen keine Passagiere führt. Es ist trotzdem schön die Weihrauch gefüllten Gassen herabzuschleudern und Valentin gönnt sich ein Abendessen an einem Kebabstand, an dem die Omanis Schlange stehen.







Am nächsten Morgen machen wir noch einen kurzen Abstecher zur großen Moschee...muss man gesehen haben sagen alle Omanis und so schauen wir kurz, wie sich Touristengruppe nach Gruppe aus den Reisebussen durch die Pforte der großen Moschee schieben während wir noch in aller Ruhe unser Müsli fertig löffeln. Bis wir damit fertig sind und unsere Wasservorräte am Eingang der Moschee neu befüllt haben, ist es allerdings 11 Uhr und die Besucherzeit vorüber. Macht nix denken wir, dann eben doch direkt weiter ins Klettergebiet. 





WADI MISTAL/ HADASH - steile Anfahrt, steile Routen

Wir fahren weiter über neu angelegte Straßen, die vorbei an Felsmassiven und immer mehr Kamelen führen. Das Wadi Mistal ist selbst ohne zu klettern landschaftlich beeindruckend und sehenswert. Unglaublich schön, wenn man durch die schmale Felspforte fährt und sich plötzlich der riesige Kessel vor einem auftut, der von Gebirgsketten umringt ist. 







Nachdem man die Ebene bis zur anderen Seite passiert hat, hört der Asphalt plötzlich auf. In dem Kletterführer steht bei den meisten Klettergebieten bereits geschrieben, dass man nicht ohne Allrad auskommt, allerdings fanden wir die Anfahrt in den Kubrah Canyon nicht allzu herausfordernd und hatten den Allradantrieb gar nicht erst zugeschalten. Nach Hadash gestaltete sich das dann schon anders, zwar ist der Schotterweg gut befahrbar, jedoch verlangt die immense Steigung der engen Serpentinen den 4x4 mit Untersetzung und selbst im ersten Gang kroch der Rote so langsam den Berg hinauf, dass wir Sorge hatten stehen zu bleiben. Oben angelangt befindet sich ein großer Parkplatz vor dem Dorf, welches lediglich aus 8 Häusern und ca. 10 Erwachsenen besteht. 


Nach einer recht frischen Nacht auf 1600m.ü.M machen wir uns am nächsten Tag auf, zu den Kletterfelsen, durchqueren das kleine Dörfchen und folgen den schmalen Ziegentracks, welche sich wie feine Linien den Hang der Berge entlang ziehen. Links die Steigung, rechts der Abhang, gesäumt von großen und kleinen Schieferplatten, die zwischen Purpur und stellenweise Graublau variieren. Man kommt schon sehr ins Staunen, was die Natur an Farben hervorbringt, so ein tiefes Lila, da sind wir uns einig, haben wir noch nie am Fels gesehen. 


Die Kletterfelsen liegen nahezu den gesamten Tag im Schatten, weshalb man gut beraten ist, seine Daunenjacke einzupacken in den Wintermonaten. Der Grip am Fels ist dafür grandios, kein Chalk von Nöten und nach den ersten zwei Exen sind die Fingerkuppen durch die Kälte so taub, dass der ein oder andere scharfkantige Griff kaum auffällt. GPS 23.127321,57.75416
 

Wir verbringen insgesamt drei fantastische Klettertage in Hadash, schauen uns ebenso viele Sektoren an, wobei uns `The Pit` am besten gefiel, da wir dort auch mehr dafür tun konnten, endlich zur alten Form zurückzugelangen und es feine Projekte gab. 



Die beiden Routen `Mental Recharge` (7a) & `Mental Discharge` (7b) laden dazu ein, noch ein zweites Mal in `The Pit` vorbeizuschauen, wenn wir wieder auf dem Weg in den Norden sind.
Wenn die Sonne schon dunkelorange in den Gipfeln der gegenüberliegenden Wand zu sehen ist, schlendern wir mit den unzähligen Ziegen zurück Richtung Dorf. 


Die BewohnerInnen freuen sich trotz mangelnden Englischkenntnissen ihrerseits und fehlenden Arrabischkenntnissen unsererseits über einen kleinen Plausch hier und da und man ist doch erstaunt, wie viel man am Ende verstanden hat oder sich zusammen interpretiert. So erfahren wir von einer Dame am Dorfausgang, dass sie gerne mit dem Fernglas beobachtet, wenn die Kletterer an der Wand sind. Dennoch müssen wir nach drei Tagen von dem zauberhaften Idyll Abschied nehmen und fahren nach einer sehr erfrischenden Dusche mit dem Wasser aus dem Gebirgsbach nach Al Khalaf um Janus und Ursel am Meer zu treffen, um in die Sugar Dunes zu fahren...

Kommentare

  1. Hallo ihr Lieben, danke mal wieder für den schönen Bericht. Seid ihr den Parachute Tower gefahren? Der sieht ja mega hübsch aus:). Liebe Grüße

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