MASKAT – W.a.r.t.e.n......
Nach
unseren Ausflügen in diverse Wadis und nachdem wir mehrere Agenturen
zum Verschiffen nach Indien angeschrieben haben heißt es
warten...die Antworten der Agenturen erreichen uns nur langsam, die
ersten Angebote die wir erhalten sind ziemlich teuer. Teuer vor allem
deshalb, weil man eigentlich den von der Agentur anberaumten Preis im
Kopf direkt verdoppeln kann, da man nochmal kräftig im indischen
Hafen zur Kasse gebeten wird, wenn man sein Vehikel zurück haben
möchte. Doch wie könnte eine Alternative aussehen? Sofern wir nach
Südindien verschiffen, muss man die Strecke in den Norden zwar nur
einmal fahren und könnte auf dem Rückweg durch Pakistan reisen,
allerdings würde Nepal dann keinen Sinn mehr machen, da die
fabelhafte Landschaft nur zwischen März und Mai nicht komplett
hinter Wolken verschwindet. Zudem sind wir durch unser „Überwintern“
auf der arabischen Halbinsel auch für Indien knapp dran...wir
müssten dem Monsun wohl von Anbeginn davonfahren, wenn wir im Süden
starten. Alles nicht unbedingt die besten Aussichten und wir stellen
fest:
Wir hatten unser Ziel aus den Augen
verloren, mitsamt dem zugehörigen Zeitplan!
Es
muss ein Plan B her, der eigentlich unser Plan A war, als wir die
Reise geplant hatten: Die Pässe für ein Pakistanvisum nach Hause
senden, um doch über den Landweg nach Indien zu reisen und noch
rechtzeitig für Nepal und zumindest für Nordindien dort zu sein,
erscheint zu der Zeit vernünftiger. Zumal wirklich annehmbare
Angebote zum Verschiffen immer noch auf sich warten lassen. Zu dem
Zeitpunkt stehe ich über Whatsapp mit Brigitte in Kontakt die wir
(t-rex.tours) mit ihrer charmanten Familie bereits am Al Soufouh
Beach in den Emiraten kennenlernen durften. „Warum probiert ihr es
nicht einfach in Maskat?“ Eine simple Frage die uns grübeln
lässt...ja, warum eigentlich nicht, wir warten hier schließlich eh
noch, bis sich alle Agenturen gemeldet haben. So radeln wir am
nächsten Morgen los zur pakistanischen Botschaft, die sehr souverän
auf unser Anliegen reagiert und uns versichert, dass wir in
spätestens einer Woche -ob negativ oder positiv - Antwort von ihnen
erhalten.
Also
heißt es wieder warten...zwischenzeitlich gibt es dann doch mal ein
preislich realisierbares Angebot einer Agentur, welches uns Ursel via
Mail weiterleitet.
Da
wir noch keine Antwort der pakistanischen Botschaft haben und den
Landweg priorisieren würden, können wir noch nicht zusagen.
Ein
weiterer Abschreckungsfaktor: verschifft werden könnte nur der Rote!
Wir müssten uns einen Flug buchen und wohl ca einen Monat ohne unser
rollendes Zuhause durch Indien schlawinern. Ein Monat auf das
Fahrzeug warten heißt also auch einen weiteren Monat zu verlieren
und noch wahrscheinlicher in den Monsun zu kommen.
Während
wir auf unser Antwort aus der Botschaft warten erfahren wir in
zahlreichen Reise- und Overlanderforen, dass das Pässe nach Hause
schicken für ein Visum, nur noch bedingt möglich ist. Die für uns
zuständige Botschaft in Frankfurt lädt die Antragssteller
mittlerweile zu einem persönlichen Interview ein, bevor sie das
Visum bewilligt. Die Botschaft in Berlin, welche diesbezüglich als
„Geheimtipp“ galt, da sie kein persönliches Erscheinen verlangt,
nimmt keine Anträge mehr an, wenn man nicht in der Nähe gemeldet
ist. Trotz unserer netten Nachbarschaft auf unserem Stellplatz am
Strand bei einem Cafè, dessen Besitzer täglich bei uns
vorbeischaut, uns zu Getränken einlädt und unseren Roten in den
bewölkten Tagen mit Strom versorgt, geht uns die Ungewissheit heftig
auf den Keks. Wenn unser Antrag abgelehnt wird, bleibt nur noch
verschiffen...das ist dann wohl nur der Schein einer Wahl.
Wir
vertreiben uns die Zeit mit Bummelei über den uns eigentlich schon
wohl bekannten Souq im Hafen von Maskat. Valentin besucht seit dem
Iran mal wieder einen Friseur, um endlich wieder was sehen zu können
und wir entdecken einen Fladenbrotbäcker, der uns in seine Backstube
einlädt und die von uns bestellten Brote direkt vor unseren Augen
frisch zubereitet. Herrlich deliziös so ein duftender, warmer Fladen
direkt aus dem Ofen! Sowohl Friseur als auch Bäcker stammen aus
Pakistan...das muss doch ein gutes Omen sein?!
Eine
Woche später, nach persönlichem Gespräch beim pakistanischen
Konsul (der sehr bemüht um uns war) steht dann allerdings fest:
Unser Antrag ist abgelehnt, ein Visum kann nur an jene vergeben
werden, die einen „Residence Status“ im Oman haben...in den
Emiraten ist das ebenso. Der Konsul bietet uns an, eine Instanz höher
zu gehen, einen „special Case“ zu öffnen, was mindestens weitere
4 Wochen dauern würde. Wir nehmen an, sofern wir unseren Visastatus
in Teheran erfragen können, um nicht noch länger auf der Stelle
treten zu müssen...die Chancen damit Erfolg zu haben? Wohl sehr viel
weniger als 50/50!
Doch
es ist der 1.3. unser Visum für den Oman läuft heute aus und wir
müssen, noch bevor wir uns so recht Gedanken machen können was das
nun alles bedeutet, fix zur Grenze.
DIE
VEREINIGTEN ARABISCHEN EMIRATE
SNOOPY
ISLAND – Round`n`Round`n`Round it goes, where it stopps you`ll
never know!
Die
vermeintlich letzte Chance des Verschiffens, verpufft noch am
gleichen Abend an dem wir unseren Roten bei Snoopy Island parken.
Ursel und Janus haben ebenfalls neue Pläne gemacht, so werden wir
wohl getrennt weiter reisen müssen.
Unser
Plan in die omanische Enklave Musandam zu fahren, ist nun obsolet, so
canceln wir das Vorhaben nur wenige Kilometer vor der Grenze und
fahren zurück nach Dubai, um die Zeit mit Visaanträgen zu
verbringen.
DUBAI
– Streetart und Botschafts-Hopping
Wir
steuern einen nahgelegenen Parkplatz zur iranischen Botschaft an.
Wenn wir aus dieser Sackgasse `arabische Halbinsel` wieder raus
möchten, so ist der Iran die erste Anlaufstelle. Ein kostenfreier
Parkplatz bei „La Mer“ wird für die nächsten Tage unser
Zuhause. Zufällig wird auf der Strandanlage zu dem Zeitpunkt ein
Artfestival abgehalten, auf dem verschiedenste Streetart- und 3D
Künstler ihre Werke inmitten der hippen Bars und Fashionshops
präsentieren. Soll uns recht sein, so haben wir etwas zum schlendern
an unserem 6. Jahrestag, den wir an diesem Tag zelebrieren. Ein
bisschen Abwechslung und Kraft schöpfen, bevor wir die nächsten
Tage Antrag nach Antrag ausfüllen. Uns so schlendern wir giggelnd
durch die effektreichen Bilder, mit einem heimlichen, „illegalen“
Alkoholrausch, den wir uns an diesem für uns besonderen Tag gegönnt
haben.
Schon
am nächsten Morgen folgt die Ernüchterung im doppelten Sinne, wir
stehen in der Botschaft und ich habe extra mein Kopftuch wieder raus
gekramt, um dort zu erfahren: Auch hier will man uns kein Visum
erteilen, nicht ohne „Residence Status“! Die einzige Möglichkeit
wäre, es von einer Agentur machen zu lassen. Bitte was? Wie um alles
in der Welt sollen wir denn sonst zurück kommen?
Das
ist mitunter das anstrengendste am Reisen...das ständige auf und ab,
hin und her...ist man zuhause, steht man morgens auf und hat eine
gewisse Vorstellung davon, was an diesem Tag auf einen zukommt. Mit
kleineren Abweichungen kommt es dann auch immer so und die Tage gehen
dahin. Auf dieser Reise haben wir manchmal den Eindruck, alles ändert
sich binnen weniger Minuten...man macht einen Plan, der häufig schon
direkt nachdem man ihn gemacht hat wieder verworfen werden muss. Wenn
man dann emotional gerade in einem Hoch oder einem Tief steckt, so
kann man sich eigentlich sicher sein, dass es kurze Zeit später
schon ganz anders ausschauen kann! Seltsamerweise ist unterwegs alles
Möglich UND Unmöglich zur gleichen Zeit.
So
auch in diesem Fall. Wir tapsen geknickt zurück zum Roten, mit der
wabernden Frage: „Wie kommen wir hier bloß wieder weg?“ und
treffen kurz nach unserer Rückkunft am Parkplatz Sultan Mohd Mir
Hashid. Nach einem kurzen „Wo kommt ihr her, wo wollt ihr hin?“
Frage-Antwort Spiel, erzählen wir ihm, dass wir gerade nicht so
recht wissen wohin, weil die iranische Botschaft uns weggeschickt
hat. Kein Problem für ihn, er telefoniert kurz, nach wenigen Minuten
steht Fouzan aus Indien neben uns, ein Angestellter des Sultans. Er
soll direkt morgen Früh nochmal mit uns zur Botschaft, mit der
Handynummer des iranischen Konsuls, die ihm der Sultan noch in die
Hand drückt. Hui, so schnell ist da wieder Bewegung drin, wer hätte
damit gerechnet? Nachdem Valentin und ich noch jeweils eine
Baseballkappe aus seiner eigenen Kappenkollektion geschenkt bekommen
und ein Haufen Selfies geknipst wurden verabschieden wir uns. „Simply
DOPE“ ist auf meine Kappe gestickt...klar, was sonst...die Kleine
hat ja schließlich Dreads...Humor hat er wohl der Sultan. Da hätte
Valentins Schriftzug „I don`t do Mornings“ dann wohl besser zu
mir gepasst. Dazu kommt noch eine riesiger Karton mit wirklich formidablen Datteln, die wir tatsächlich furchtbar gerne naschen und ganz vorzüglich auf Butterbrot schmecken.
Nach unserem Zusammmentreffen ist der Tag noch jung und
nachdem wir bestimmt fünf Mal versichert haben, dass wir nicht
hungrig sind und sie uns nicht zum Mittagessen einladen müssen
schwingen wir uns auf die Räder, um zur usbekischen Botschaft zu
fahren. Denn wir haben in den letzten turbulenten Tagen einen
Entschluss gefasst, nämlich uns wohl oder übel von dem Gedanken
lösen zu müssen, über Pakistan nach Indien und Nepal zu fahren.
Indien,
you say Goodbye and I Say Hello! Hello Pamir Highway, Hello Stan
Länder, Hello Zentralasien und Mongolei!
Wir
sind wieder voll motiviert als wir die Räder abschließen, nach dem
Tief am Morgen, durch den Sultan wieder in einem Hoch schreiten wir
zum Tor und...stellen fest, dass die Öffnungszeiten nicht mit denen
im Internet übereinstimmen. Ja wundervoll. In manchen Momenten kann
man dann nur noch sarkastisch Lachen, dann eben morgen nochmal hin!
Nachdem
wir unsere 30 Kilometer Radtour durch eine Stadt, die trotz ihres
jungen Alters bei dem Erbau der Infrastruktur nicht an Fahrradwege
gedacht hat und stattdessen kindshohe Bürgersteige offeriert, hinter
uns gebracht haben, bestellen wir uns jeder eine riesige Trostpizza
bei einem Lieferservice. Adresse: The red Van on the sandy
Parkinglot!
Während
wir so auf den Lieferanten warten helfen wir einem kleinen
Lieferwagen, sich aus dem riesigen Sandkasten auf dem wir parken zu
befreien. Gewappnet mit Schaufel und Sandblechen haben wir den
Kleinbus nach kürzester Zeit wieder frei...allerdings vergehen keine
zehn Minuten, da kommt der nächste Fahrer an unseren Bus und erfragt
Unterstützung. Wir schieben erst einmal kräftig an, allerdings gibt
der Fahrer alles und drückt so heftig auf das Gaspedal, dass er sich
nur noch weiter versenkt. Dann also doch die Bleche. Nachdem diese
untergelegt sind, gibt er wieder so viel Stoff, dass die Reifen
qualmen, durchdrehen und es übel nach Gummi stinkt. Kaum hat er das
Ende der Bleche erreicht, gräbt er sich wieder genauso tief in den
Sand. Leider versteht der Fahrer wenig Englisch und wir wenig Urdu.
So bleibt ihm wohl das viele Buddeln und erneutes Blechen, Meter für
Meter, nicht erspart, denn er hält an seiner Vollgasmethode fest.
Zwischenzeitlich wird unsere Pizza ausgeliefert und wir ziehen uns
kurz zum Speisen aus dem Pappkarton in den Roten zurück. Doch als
wir damit fertig sind und nachsehen, wie weit der Fahrer gekommen
ist, stellen wir fest, dass er sich mittlerweile so tief versenkt
hat, dass er kaum mehr die Bleche unter die Reifen bekommen kann.
Nach langem Suchen nach einer Möglichkeit, unser Abschleppseil zu
installieren werden wir dann fündig und so zieht der Rote den
Minibus wie ein Spielzeugauto quer über den Parkplatz. Ein wirklich
langer und ereignisreicher Tag geht dann zu Ende und wir fallen
todmüde ins Bett.
Neuer
Tag, neues Glück! Endlich funktioniert mal was und wir erledigen
zumindest den Usbekistan Visaantrag an diesem Tag. Danach parken wir
den Roten wieder, füllen noch den Online Antrag für das Iranvisum
aus mit dem Gesuch, es auf der iranischen Botschaft in Dubai abholen
zu können und dann schnappen wir uns die Räder und strampeln in der
Mittagssonne zur tajikischen Botschaft. Zwar kann man das Visum
mittlerweile ebenfalls online beantragen, allerdings ist für den
Pamir Highway eine Sondergenehmigung notwendig, das sogenannte „GBAO“
und wir sind uns nicht sicher, ob wir das über das Onlineverfahren
ebenfalls erhalten können. Dort angekommen erfahren wir: man kann!
Da es nun auch nur noch 5 km bis zur russischen Botschaft sind radeln
wir dort auch noch fix vorbei...wir sind heute einfach hart motiviert
hinter jedes To Do ein Häkchen setzen zu können. Doch dort weist
man uns noch vor dem Eingang ab, nur mit Agency möglich oder mit LOI
(Letter of Invitation). Darüber hatten wir uns bereits online über
zahlreiche Foren informiert aber ein letztes Fünkchen Hoffnung
bleibt irgendwie immer übrig, dass es bei einem selbst anders
läuft...zu oft begegnen einem unverständliche Geschichten, in denen
Visa mal funktionieren, mal abgewiesen werden...in dem Land klappt es
leicht, in einem anderen gibt es Schwierigkeiten. Nun gut, dann waren
wir was Russland betrifft wohl noch nicht erfolgreich...aber als wir
am späten Nachmittag zurück fahren bleibt das Gefühl, endlich
einiges erledigt zu haben, trotz gewaltiger Kopfschmerzen die die
viele Sonne verursacht hat.
Am
nächsten Morgen versuchen wir uns erneut in das offene Wifi von La
Mer zu loggen, doch das will an diesem Tag einfach nicht
funktionieren. Verflixt, denn wegen des Sonnenstichs des Vorabends
hatten wir den Onlineantrag für Tajikistan auf heute verschoben.
Nach langem hin und her probieren suchen wir also das nächste
„Fastfood -so called- Restaurant“ auf, um dort Wifi zu
erschnorren. Auf sämtlichen Reisen bislang immer Anlaufstelle für
einfach verfügbares Internet sieht die Zugänglichkeit in den
Emiraten leider anders aus. Auch hier verbringen wir erst einmal eine
kleine Ewigkeit damit alles zum Laufen zu bringen, bis wir die
Formulare mit Inhalt füllen können. Ein wirklich simples Verfahren,
welches Tajikistan da für Touristen offeriert und so sind wir
schnell durch und es geht an das Bezahlen. Wieder haben wir den
schwarzen Peter gezogen denn, BEIDE unserer Kreditkarten werden
abgelehnt. Zum Bezahlen der 70 Dollar benötigt man eine
Registrierung bei einem Cash Secure System, dessen Verifikation mit
notwendigem Code eine gute Woche beansprucht. Mit einem Gefühl des
halb fertig Seins packen wir zusammen. Nun heißt es warten, warten,
warten...für alle angestoßenen Prozesse. Und da wir mittlerweile
einen definitiven Stadtkoller haben beschließen wir raus zu fahren
und uns zwei Klettergebiete in den UAE`s anzusehen, um den Kopf
wieder frei zu bekommen.
GREYSKULL
& STARDUST – Invasion der Krabbelkäfer
Wir
fahren hoch in Richtung omanische Enklave, denn oberhalb von Shimal
haben wir über die App „27 Crags“ zwei Kletterspots ausfindig
machen können. Zuerst steuern wir einen kleinen Canyon mit dem Namen
Grayskull an und verbringen dort drei Tage in denen wir zwei von drei
Sektoren abgrasen. GPS 25.909777,56.067909
Die
Routen im Sector „Nose“ sind nicht nur überschaubar in ihrer
Länge, sie sind auch in ihrer Schwierigkeit für Kletterneulinge
machbar. Der Fels könnte allerdings eine Reinigung und etwas
Abklopfen vertragen, denn während man beim Klettern den Eindruck
hat, Pappmaché zu greifen, bröckelt auch das ein oder andere
kleinere Steinchen ab. Etwas kompakter wird der Fels dann bei „The
Cave“ die drei ganz nette 6b+ anzubieten hat. Alle Sektoren
befinden sich ganztägig im Schatten, anders wäre ein Klettern vor
Ort mittlerweile wohl auch nicht mehr möglich gewesen...die
Temperaturen steigen täglich unermüdlich und die Luftfeuchtigkeit
nimmt auch zu.
So
schön wir es finden wieder in der Stille zu stehen und umgeben von
Natur zu sein, die Nächte sind wenig erholsam. Es kühlt nur ganz
unwesentlich ab und trotz der Hitze bleiben unsere Fenster
geschlossen denn, die Moskitos sind hier recht aktiv und nicht
zimperlich. Nachdem zumindest eine_r von uns beiden nach der ersten
Nacht übersäht von Stichen ist, verwandeln wir unseren
Roten mal wieder in ein riesiges Himmelbett und installieren das
Moskitonetz. Doch ruhiger wird die folgende Nacht leider nicht, denn
die Bäume um uns herum beheimaten kleine schwarze Käfer, die ganz
hervorragend durch die Maschen unseres Netzes passen und mit
Vorliebe, kitzelnd auf einem spazieren gehen. Wenigstens sind die
Käfer im Gegensatz zu den Moskitos nicht so wählerisch und so
leiden wir gemeinsam und schließen uns zusammen, um auf Käferjagd
zu gehen...immer dem kleinen Ventilator zugewandt, der die warme Luft
umwälzt und einem Abkühlung suggeriert.
An
unserem dritten Tag legen wir für unsere wunden Füße eine Pause
ein und verbummeln diesen Tag mit Lesen und dem Besuch einer Gruppe
Kletterer aus Dubai, die an den Fels gekommen ist. Unter ihnen ein
ursprünglich aus Italien stammender Kletterer, welcher im Sektor
„The Cave“ noch eine neue 7b gebolted hat. Das Gebiet wird also
stetig erweitert und das Reinigen einiger Routen steht bei ihm auch
auf der To Do Liste.
Wir
brechen dennoch einen Tag später auf, um in das 9km nördlicher
gelegene Gebiet „Stardust“ zu fahren. GPS 25.926723,56.089926
Gut
ein Drittel der Strecke ist eine Piste durch ein ehemaliges Flussbett
an dessen Saum noch ganz Traditionell gelebt wird. Wir passieren
kleine Ansammlungen von Steinhäusern, umgeben von Unmengen an
Ziegen. Ein Kontrast, der nicht größer sein könnte, wenn man sich
die Hochhausschluchten in Dubai betrachtet.
Die
Routen sind weitaus länger als bei Greyskull und so reizen wir
bereits zum Aufwärmen unser 70m Seil aus. Die kürzeste Route ist
hier 22 m hoch, wobei wir beim Betrachten des übriggebliebenen Seils
an der Längenangabe zweifeln...ohne 70m Seil braucht man hier erst
gar nicht in eine Linie einsteigen. Die Nacht wird wieder schwül
warm und Käferreich, wenn auch die Käfer hier etwas anders aussehen
als bei Greyskull, das Bett möchte man mit keinem von ihnen teilen.
SHARJAH
– Am Samstag kommt das Sams und am Donnerstag kommt Sam.
Ein
Lichtblick bei unserer Ankunft am Aquarium in Sharjah...Brigitte,
Daniel und Etienne stehen mit ihrem T-Rex und dem L300 auf dem
Parkplatz. Wir freuen uns riesig über das zufällige Wiedersehen!
Auch
Sarah und Mirco, die wir mit ihrem Rundhauber in Teheran
kennengelernt haben stehen für eine Nacht noch dort, bevor sie in
den Iran übersetzen. Doch bevor wir es uns mit der großen Runde
gemütlich machen können, machen wir uns auf zum offenen Wifi am
Aquarium. Zu groß ist die Neugierde, wie unser Status für das
Iranvisum aussieht und das Tajikistan Visum möchte auch noch bezahlt
werden. Status „Waiting for Verification“ wird uns
angezeigt...wir sind enttäuscht. Bereits nach fünf Tagen hätte
sich da was tun müssen, wir haben sogar eine Woche verstreichen
lassen. Als wir dann noch erfahren, dass das Onlinevisum den
Touristen in den Emiraten gerade verwehrt wird und auch unser Antrag
früher oder später wohl abgelehnt wird gehen wir etwas geknickt
zurück zu den T-Rex`lern. Wir verbringen einen ganz wundervollen
Abend zusammen und verquatschen uns so, dass wir erst um halb eins
den Weg ins Bett finden. Wenigstens lenken einen die netten
Begegnungen davon ab, dass gerade nichts rund läuft.
Am
nächsten Morgen verabschieden wir Mirco und Sarah und ich schreibe
Cristian an (Iranisgreat.com), dessen Onlineantrag für das Iranvisum
für seine Familie nicht zum Erfolg führte. Er hat allerdings noch
einen Kontakt in Teheran, der uns eine Referenznummer beschaffen
kann. Das ganze muss schnell gehen, denn im Iran steht No Ruz an, das
Neujahrsfest, an dessen Feiertagen mindestens eine -wenn nicht sogar
zwei- Wochen gar nichts bearbeitet wird. So schicke ich ihm schnell
alle Passkopien, Fotos und benötigte Daten. Das ist immer wieder
schön zu erleben auf der Reise, wie jeder sich darum bemüht zu
helfen wo er kann, man Informationen untereinander austauscht und
eine kleine Kommune entsteht, durch die man nie den Eindruck hat,
alleine zu sein mit einem Problem.
Wir
nutzen den restlichen Tag zur Internetrecherche, erhalten die
Dokumente für unser (nachdem wir es bezahlt hatten) sehr zügig
bewilligtes Tajikistan Visum und verbringen wiederholt einen ganz
zauberhaften Abend mit Brigitte, Daniel und Etienne. Als wir in die
Autos schlüpfen zeigt die Uhr diesmal halb Zwei.
Dann
beginnt erneut ein Tag voller auf und ab, hin und her. Wir brechen
auf zur Usbekistan Botschaft, um dort unseren Status zu erfragen. Im
Anschluss müssen wir nach Abu Dhabi fahren, wo die Turkmenistan
Botschaft ansässig ist, die am Folgetag nur 2 Stunden geöffnet hat.
Die Botschaft hat insgesamt nur 3 Tage die Woche geöffnet und so
möchten wir den Antrag gerne noch am Donnerstag Morgen stellen,
bevor sie die Pforten bis Montag geschlossen hält.
Die
Freude ist groß, als auf der usbekischen Botschaft alles klappt. Der
Sachbearbeiter ist ein wirklich sehr freundlicher und gutgelaunter
Mensch, der uns strahlend die Pässe überreicht mit einem 30 Tage
Visum. Es läuft wieder bei uns...denken wir.
Mit
diesem Hochgefühl fahren wir Richtung Abu Dhabi, allerdings nicht
ohne einen Stopp einzulegen, um kurz das Wifi der Universität zu
nutzen, um Valentins Vater zum Geburtstag zu gratulieren.
Als
wir zurück zum Roten kommen und weiterfahren möchten dann die
Ernüchterung: Er springt nicht mehr an. Der Motor gibt sich nicht
mal die Mühe etwas zu leiern. Man vernimmt ein kurzes „Klick“
und dann...Stille. Das darf doch wohl nicht wahr sein, kann nicht
einfach mal nur ein Tag lang alles klappen? Kann diese Pechsträhne
mal bitte enden?
Mitten
in einer Pay Parking Zone in der man hohe Strafen zu erwarten hat,
wenn man länger als gebucht steht, bewegt sich der Rote einfach
keinen Millimeter mehr. Als nach ca zwei Stunden unter dem Auto
liegen und offenem Werkzeugkoffer ein Student der Uni vorbeikommt und
uns erklärt, dass Autos reparieren in den Emiraten am Straßenrand
illegal ist und hohe Bußgelder in einer Höhe zu erwarten sind, die
uns schlucken lassen, ziehen wir das Tempo an, um die Ursache zu
finden. Ich vermute eine durchgebrannte Sicherung und tatsächlich
ist eine der Sicherungen durchgeschmort, allerdings springt der
Motor auch beim Überbrücken der Kontakte nicht wieder an.
Valentin
vermutet die Ursache im Anlasser, wahrscheinlich im Magnet oder den
Kohlekontakten. Als wir versuchen den Anlassmotor auszubauen, um
damit zu einer Werkstatt zu radeln gestaltet sich das komplizierter
als gedacht, er ist einfach nicht locker zu bekommen. In der
Zwischenzeit kommt ein Kontrolleur für die Parktickets und wir
vermuten schon, dass nun zumindest die 200 Dirham (ca. 50 Euro)
Strafe für die Parkzeitübertretung fällig sind, wenn er nicht gar
die Polizei ruft, weil wir am Auto schrauben und es dann richtig
teuer wird. „No Problem Miss!“ höre ich allerdings, als ich ihm
unsere missliche Lage erkläre „No Problem!“. Er verabschiedet
sich und schreibt den anderen Wagen fleißig Knöllchen. Nochmal gut
gegangen!
Auf
den Schreck koche ich einen Kaffee. Wenn wir den Anlasser nicht
separieren können, um in eine Werkstatt zu kommen, wie sehen
Alternativen aus? Wir könnten uns Abschleppen lassen, einen
offiziellen Abschleppwagen möchte man in den Emiraten allerdings
nicht bezahlen! Uns fallen die Schweizer ein, vielleicht ist Etienne
gerade am Aquarium und empfängt Whatsapp. Eventuell kann er mit
seinem L300 vorbeigedüst kommen und uns mit dem Abschleppseil
zumindest anschleppen?! Also wieder vor zur Universität und
schreiben, warten, anrufen....keine Reaktion, sie sind nicht Online.
Das wäre auch ein wirklich großer Zufall gewesen!
Wieder
zurück am Roten sitzen wir einen Moment mit fragendem
Gesichtsausdruck auf dem Gehsteig. Valentin in seinen verschmierten
Schrauberklamotten, das Gesicht voller schwarzer Dreckpunkte. „Du
siehst aus wie das Sams!“ sage ich, „nur ohne Wunsch für die
Punkte“. „Och, einen Wunsch hätte ich schon!“ entgegnet
Valentin, „aber deine Punkte funktionieren halt nicht!“
resigniere ich. Es ist schon halb Acht, da bremst ein Fahrrad vor
uns. Ein Mann steigt ab, stellt uns die üblichen Fragen, ob wir den
ganzen Weg aus Deutschland mit dem Roten gekommen sind, wie lange wir
On the Road sind und planen zu reisen etc.
Er
selbst ist halb Brasilianer und Engländer, arbeitet seit über zehn
Jahren in den Emiraten und heißt SAM. Ob er etwas für uns tun kann,
fragt er und als wir ihm unser Problem schildern erfahren wir, dass
er einen Geschäftspartner mit Abschlepptrucks hat, den ruft er kurz
an und wir können uns GRATIS wohin auch immer Abschleppen lassen.
Wir stehen erst einmal fassungslos da. Einfach so? Ja, ihm gefällt,
was wir tun, dass wir unsere Träumer verwirklichen und er selbst hat
die Schnauze voll vom Arbeiten und Kohle anhäufen, er träumt vom
Aussteigen mit seiner Familie, will nach Schottland aufs Land, Lamas
züchten oder so, nur raus aus der Stadt und weil er sich irgendwie
mit uns identifiziert will er uns gerne helfen. Ein Telefonat und
zwei Stunden später kommt ein Abschleppwagen gefahren, der uns mit
einer Winde auf die Ladefläche zieht und uns nach Sharjah ins
Werkstattviertel bringt. Morgen früh möchten wir bei den vielen
Garagen unser Glück versuchen. Noch ungläubig, wie viel
Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit man als Fremder immer wieder
beim Reisen erfährt fallen wir ins Bett.
Sam,
if you read this: If you come to Germany anytime...it will be a
plessure for us to host you and your Family! Just contact us!
Am nächsten Morgen beginnt sich das
Gefühlskarussell wieder in einer rasanten Geschwindigkeit zu drehen.
Alle Werkstätten weisen uns ab, das Auto zu alt, zu groß, keine
Ersatzteile verfügbar, nicht mal gebraucht. In den Emiraten ist man
das Reparieren nicht so gewohnt wie im Iran, hier kauft man einfach
neu und Autos in unserem Jahrgang sieht man nie. Nachdem uns wieder
jemand abgewiesen hat stapfen wir zurück zum Bus. Wir haben keine
Lust mehr...in dem Moment sind wir uns einig: wir würden den Roten
am liebsten auf das nächste Schiff nach Hamburg packen! Es ist die
Luft raus, zu viel Widerstände.
Valentin fällt noch eine Sache ein,
die wir probieren könnten. Er legt sich unter das Auto, ich drehe
voller Pessimismus den Zündschlüssel um und er schließt die 50er
Klemme kurz und...der Rote schnurrt. Da wird nun wirklich ein kleines
Freudentänzchen fällig und uns ist egal, dass man sich in der
Öffentlichkeit nicht küssen soll und man auch sonst Annäherungen
bleiben lassen sollte. Wir hüpfen, umarmen und küssen uns...kurz
nachdem wir die Reise abbrechen wollten, weil „alles“ furchtbar
ist...wie bipolar ist das denn bitte?
Wir fahren, nachdem wir zum basteln
ein paar Kabel und Schalter in den Spare Part Shops erstanden haben,
zurück zum Sharjah Aquarium, wo wir auf ein Pärchen mit einem MAN
stoßen, die beiden hatten vor kurzen einen Kabelbrannt und die
Lichtmaschine ist dabei draufgegangen. Eine weitere französische
Familie steht auch neu auf dem Parkplatz. Ihr Chassis ist gebrochen
und sie haben keine Ahnung, ob sie so noch weiter reisen können. Wir
kommen uns albern vor mit unserem Problemchen...und realisieren
wieder, wie gut es uns geht!
In zwei Tagen erfahren wir, was aus
unserer Referenznummer für das Iranvisum geworden ist...mal sehen
welches Gefühl sich da dann einstellt???
Gute Besserung anden Roten und Hut ab vor den Schrauberkenntnissen von Valentin.. Gute Fahrt
AntwortenLöschenMerci! Der Rote hat sich ganz gut erholt aber ohne Valentins Kenntnisse wäre diese Reise wohl schon das ein oder andere Mal auf der Kippe gestanden. Der Rote & ich sind sehr froh ihn zu haben!
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