Usbekistan

KHIVA – Eine Lehmfestung voll Souvenirs, inmitten von Moscheen

Unsere Zeitplanung war bereits aus den Fugen geraten, als wir in Turkmenistan eingereist sind, denn der Kalender zeigte den 16.5. und unser Usbekistan Visum lief schon seit dem ersten Mai. Als wir dann die usbekische Grenze passierten, zeigte der Kalender den 20.5., weshalb unsere Auswahl der zu besuchenden Städte, innerhalb der 10 verbleibenden Tage, pragmatisch ausfiel.
Als erstes stand Khiva auf dem Programm. Eine alte Lehmstadt mit kleinen Gässchen zum Flanieren und zahlreichen Moscheen.


Da man sich als Tourist in Usbekistan spätestens alle drei Tage registrieren lassen sollte (ein Überbleibsel aus Sowjetzeiten Namens „OVIR“) steuern wir den Parkplatz eines Hostels an, von welchem wir uns eben diese Registrierung erhoffen. Zwar liest man immer mal wieder von Touristen, die dennoch wild Campiert haben und die kleinen weißen Registrierungszettel nicht für die Ausreise gesammelt haben, aber wir haben keine gesteigerte Lust auf eine Diskussion oder gar Strafzahlungen an der Grenze. So kommen wir schnell für ein paar wenige Dollar mit dem Hostelbesitzer ins Geschäft, dürfen Dusche/WC und Wifi nutzen und bekommen obendrein noch ein leckeres Frühstück.
In Usbekistan ist es zu der Zeit bereits weit über 30 Grad warm bei absoluter Windstille. So warten wir den späten Nachmittag ab, bis wir eine erste Erkundung des Städtchens anstreben. Diese Zeit bietet sich am besten zum Fotografieren an, da die Lehmmauern zu später Stunde in einem wunderschönen Orange leuchten. Wir sind erstaunt, über die doch so hohe Anzahl an Touristen und den in jeder Gasse aneinander gereihten Souvenirständen. Die Usbeken_Innen sind recht geschäftstüchtig und so werden selbst die Moscheen in Verkaufshallen verwandelt in denen man traditionelle Gewänder aus Seide (Willkommen auf der Seidenstraße!), Wollsocken und ausladende Fellmützen erstehen kann.




 
Was die Damen an den Ständen allerdings mehr zu interessieren scheint, als uns etwas zu verkaufen ist, die „Wolle“ die meinen Kopf ziert zu inspizieren. Die Usbekinnen sind weitaus weniger zurückhaltend als die Iraner_Innen und so habe ich schnell mal sechs Hände auf meinem Kopf die meine gefilzten Strähnen befühlen, neugierig fragen, wie ich das gemacht habe und wie ich die Zöpfe wieder herausbekomme. Es wird gelacht, ungläubig mit dem Kopf geschüttelt und die etablierte „Daumen hoch“ Geste gemacht. Schnell wird noch mein Gesicht und die darin befindlichen Piercings betastet, hier fallen die Reaktionen schon verhaltener aus, meine Dreads scheinen ihnen wohl besser zu gefallen als der Metallschmuck.










Wir verbringen noch einen weiteren entspannten Tag in Khiva, bevor wir uns über die mit Schlaglöchern gespickten Straßen, die stellenweise zu Pisten ohne jede Spur von Asphalt werden, gen Buchara aufmachen.





BUCHARA – Wo ist die nächste Reisegruppe? Ah da, an der Moschee!

Wir möchten nicht der Dekadenz verfallen und jede Nacht bei Hostels parken, so fahren wir zunächst auf einen öffentlichen Parkplatz im Stadtzentrum, an welchem Abends zwar am Nahe gelegenen Lyabi Hauz Pool die Musik aufgedreht wird, aber dafür sind nun mal auch alle Sehenswürdigkeiten fußläufig. 


Bei der unfassbaren Vielzahl an Medessen (ich behaupte jetzt einfach mal, dass das der Plural von Medessa ist?!) und Moscheen entwickeln wir eine neue Strategie, nachdem wir den ersten Tag in Buchara nur ziellos umhergeschlendert sind. Am zweiten Tag laufen wir die Hotspots der Sehenswürdigkeiten an und verweilen ein paar Minuten, geduldig wartend auf die nächste Gruppe Deutscher, die sich von ihrem Touristguide einen kleinen Vortrag über die jeweilige Attraktion halten läßt. So erfahren wir, dass die Moschee (in der heute ein Teppichmuseum ist) aus dem 13ten Jahrhundert stammt, die Anordnung der Steine nahezu Erdbebensicher ist und, das Dschingis Khan selbst (nach einer Legende) das Kalyan Minaret verschont hat, als er die Stadt dem Erdboden gleichmachte, da ein Windstoß seinen Hut davontrug und er sich vor dem Minaret bücken musste, um diesen wieder aufzuheben. Er meinte daraufhin wohl, dass ein Gebäude vor dem er sich verneigt hat, Würdig ist erhalten zu bleiben. 



 
Bei der berühmten Chor Minor Moschee, in der sich ebenfalls ein Souvenirshop befindet, handelt es sich leider nur noch um eine Replikation. Dennoch fanden wir es spannend von dem dort (auf deutsch) referierenden Touristenguide zu erfahren, dass die vier Türme alle individuell nach den vier Töchtern des Erbauers gestaltet sind. Während die Gruppe mit dem Durchstöbern der zum Verkauf stehenden Gegenstände in der Moschee beschäftigt ist, finden wir einen schmalen Aufgang und schleichen uns unbemerkt nach oben in die Türme und auf das Dach der Chor Minor, von der man einen hervorragenden Ausblick auf die umliegenden Dächer und den gegenüber liegenden Hofflohmarkt hat.





Am nächsten Tag steht mal wieder eine Registrierung an, so fahren wir zu einem kleinen Hostel auf der gegenüberliegenden Seite der Stadt.
Da der Tag mal wieder brütend heiß ist, freuen wir uns schon auf eine Dusche und vor allem eine günstige Möglichkeit, unsere Bettwäsche zu waschen. Während alle anderen Kleidungsstücke bei uns im Kanister landen, der mit Waschmittel und Wasser während der Fahrt die Kleidung durchschaukelt und wir klassisch mit der Hand waschen, ist eine Waschmaschine für die Bettwäsche eine willkommenen Möglichkeit, die wir gerne in Usbekistan nutzen wollen.
Doch, als wir am Nachmittag feststellen, dass die gesamte Stadt an diesem Tag kein Wasser hat, verschieben wir sowohl das Waschen, als auch das Duschen, auf den Folgetag.
Am Abend lassen wir es uns trotzdem nicht nehmen, von den leckeren Manti mit Saurer Sahne zu kosten, die in den Restaurants angeboten werden. Mit schmackhaftem Kartoffelstampf und den Teigtaschen mit Gemüse- und Fleischfüllung im Bauch stellt man sich die Frage einfach nicht mehr, wie genau die denn wohl das Geschirr gespült haben, wenn niemand in der Stadt Wasser hat?! Köstlich war es!







Bei unserer letzten Erkundungsrunde am nächsten Tag bestaunen wir eine Frau, die in scheinbar unendlicher Geduld Knoten um Knoten setzt, um einen Seidenteppich zu knüpfen, für den sie ein halbes Jahr benötigt um ihn fertig zu stellen. Wir begutachten Webstühle, an denen die typisch für Usbekistan gemusterten Seidenstoffbahnen entstehen, aus denen sich die Frauen ihre Kleider mit dazugehöriger Hose Maßschneidern lassen und dann heißt es auch schon Abschied nehmen und auf zum nächsten Kulturziel: Samarkand!





SAMARKAND – Schauriges Hostel und...noch mehr Moscheen!

Da für Samarkand nicht mehr allzu viel Zeit bleibt fahren wir direkt zu einem zentral gelegenen Hostel, um erneut einen Dusche/WC, Wifi, Frühstück, Registrierungsdeal zu machen und im Bus zu schlummern. Wahrscheinlich hätten wir bereits stutzig werden sollen, als der gute Herr die Bezahlung, anders als seine Kolleg_innen in den anderen Hostels, im Voraus haben wollte...nachdem wir eine geraume Zeit später die... außerordentlich speziellen... Sanitäranlagen zu Gesicht bekommen, kommen selbst wir als „viel Gereiste“ und schon „viel Gesehene“ aus dem staunen nicht mehr heraus. Die Kulisse wäre ein perfekter Ort, für den nächsten schlechten Splatterhorrorfilm alà „Hostel“. Der Rost läuft die Wände entlang, die „Armaturen“ findet man so nur in Kellern aus dem 19. Jahrhundert verbaut und die für Warmwasser sorgende, offene Gasflamme erzeugt eine mollig warme Atmosphäre von...Sauna im Kuhstall?! Wir haben trotz Backpackererfahrung, vielerlei besuchter Hostels und simplen Lebensstandards in unterschiedlichsten Ländern noch nicht SO eine Erfahrung gemacht...verglichen mit den vorangegangenen Hostels die zwar einfache aber saubere Bäder und ein sehr liebevoll angerichtetes Frühstück zum selbigen Preis offerierten...am Ende lässt sich das auch nur als spezielle Erfahrung verbuchen xD




Bei der Lage allerdings kann man nicht meckern, nur wenige Meter weiter befinden sich die vielen Parkanlagen des Stadtzentrums und der Registan Platz mit seiner Sher Dor Medressa, der Tilla-Kari Medressa und der Ulugbek Medressa. Als wir am Abend noch durch den Park schlendern und an einer niedrigen Seitenmauer des Platzes ankommen schwingen wir uns kurzerhand darüber, statt außen herum zu laufen. Uns kommt in dem Augenblick nicht in den Sinn, dass diese Mauer dort nicht zur Zierde steht, sondern bereits der Große Platz vor den Medressen Eintritt kostet. Darüber setzt uns nach kurzer Zeit ein zuständiger Mitarbeiter in Kenntnis. Da es aber bereits spät am Abend ist und die Anlage ohnehin nur noch für eine halbe Stunde besichtigt werden kann, drückt er ein Auge zu und lässt uns gratis umher schlendern. Unsere Freude ein mega Schnäppchen gemacht zu haben währt aber nicht lange, da der Herr, der jede einzelne Person mit ihrer Nationalität in einem Buch festhält an uns herantritt und unsere Tickets sehen will. Nach langem Erklärungsversuch, weshalb wir keine vorzeigen können, kneift aber auch er ein Auge zu und berechnet uns nicht einmal die Hälfte des üblichen Preises. Die (umgerechnet) drei Euro ließen sich dann ganz gut von uns verkraften.



 



 




Am nächsten Tag haben wir nach so viel muslimischen Ländern und besichtigten Moscheen vorerst genug von den kunstvoll verzierten Eingangsbögen und den Minaretten. Deshalb machen wir uns auf durch die engen Gassen des jüdischen Viertels, hin zu der Gumbaz Synagoge von Samarkand.









Doch kaum haben wir diese besichtigt und die schmalen Pfade des Viertels verlassen stehen wir auch schon vor der Shah i Zinda und kurz darauf vor der Hazrat-Hizr Moschee, in denen Beiden tatsächlich noch gebetet statt Souvenirs verkauft werden. Auf unserem nach Hause weg zum Gruselhostel kommen wir dann noch an den imposanten Eingangstoren der Bibi-Khanym Moschee vorbei, an welcher wir bei einer kleinen Getränkepause im Schatten beschließen, unser Pensum an Gotteshäusern erfüllt zu haben und vorerst von den zahlreichen Besichtigungen gesättigt sind...sehr wahrscheinlich auf Lebenszeit. 

 
 

Resümierend betrachtet waren wir von Usbekistan irgendwie nicht ganz so angetan, wie bei vorangegangenen Ländern, wobei wir uns häufig die Frage gestellt haben, ob wir das überhaupt beurteilen können nach so kurzer Zeit und nur drei Städten. Vielleicht lag es an der Landschaft, die sich trotz einiger zurückgelegter Kilometer kaum veränderte und sehr wahrscheinlich war nicht unerheblich, dass wir bereits zuvor schon viel Steppen- und Wüstenartige Landschaften besichtigt hatten und auch die prächtigen Moscheen uns nicht mehr in Erstaunen versetzen konnten. Wir stellten uns tatsächlich auch die Frage, ob es nun an Usbekistan oder an uns gelegen hat, dass der Funke nicht übersprang, zumal wir die Menschen auch hier als wirklich herzlich erlebten. Auch die Warnungen des Auswärtigen Amtes können wir so nicht bestätigen, an offiziellen Stelle (sei es an Grenzübergängen oder in den Städten) erlebten wir die Polizei als ausgesprochen freundlich. Aber es wäre auch vermessen, spräche man Usbekistan die Fähigkeit zur Entwicklung ab, wir denken hier hat sich viel im Umgang mit Touristen geändert und vielleicht muss man das Land auch nochmal mit mehr Zeit und in ein paar entlegenenere Winkel bereisen, um einen richtigen Eindruck zu gewinnen.


  

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