Mongolei 1

ÖLGII – Ab auf die Südroute


Wir scheinen auf der Reise mit den Grenzen Glück zu haben. Andere Reisende haben uns vor der mongolischen Grenze gewarnt und meinten, die Einreise könne leicht 8 Stunden dauern. Entsprechend groß war unsere Vorfreude auf die Prozedur. Bei der Ausreise aus Russland werden die Fahrzeuge durchsucht. Die Einheimischen haben dafür nicht nur ihre vielen Gepäckstücke sondern sogar zum Teil die Fahrzeugteppiche ausgeräumt. Wenn wir so gründlich untersucht werden, verbringen wir in der Tat den ganzen Tag schon mit der Ausreise. Wir entscheiden uns für die umgekehrte Vorgehensweise und lassen alles im Auto, nur die Kletterrucksäcke holen wir raus, damit der Beamte am Röntgengerät was zum anschauen hat.
Eine russische Beamtin alten Schlags empfängt mich mit zwei Wörtern: „Customs declaration!“
Ich erkläre ihr, das wir Touristen mit Campingfahrzeug sind und nichts zu verzollen haben. Antwort: „Customs declaration“. Wir durchsuchen unsere Einreisepapiere, haben aber nur Zettel für uns, nichts für das Auto, Devisen oder ähnliches. Die gute Frau kennt jedoch leider nur die zwei Wörter, egal was wir ihr zeigen. Irgendwann nehme ich den Zettel, der belegt, dass wir in Kirgisistan die Road Tax für die Straße bezahlt haben und Bingo! Was immer die Road Tax mit Customs declaration zu tun hat, die Frau war glücklich, dann sind wir es auch. Der Rest der Ausreise war absolut unspektakulär und schnell abgewickelt.
Jetzt ging es erst einmal etliche Kilometer durch Niemandsland, das waren wir ja schon aus vom Grenzübergang Tadjikistan/Kirgisistan gewohnt. Die Grenze zur Mongolei ist recht einfach aus der Ferne zu erkennen: da, wo es keine Straße mehr gibt!
Das Gebäude ist riesig, doch bevor wir in die Nähe dürfen, werden unsere Reifen mit ein wenig Flüssigkeit besprenkelt, was eine Desinfektion darstellen soll. Naja, bei 30 Cent sollte man wohl keine Wagenwäsche erwarten.
Erstaunlicherweise werden wir aber auch an dieser Grenze sehr schnell, wenn auch etwas unkoordiniert, abgefertigt. In dem Gebäude befindet sich sogar eine Bank, so dass wir direkt Geld wechseln können.
Auf die Versicherung hinter der Grenze verzichten wir, sie scheint nicht vorgeschrieben zu sein, die Deckungssumme ist mit 5000€ ein Witz und die Wahrscheinlichkeit in der Mongolei gegen ein Auto zu fahren, halte ich bei der Bevölkerungsdichte für äußerst gering.
Da sind die 2€ für die Simkarte hinter der Versicherung schon besser angelegt.
Also rein ins geliebte Wellblech! Schon auf den ersten Kilometern will die Mongolei ihrem Ruf gerecht werden, die Straße ist schlecht, Yaks stehen am Straßenrand und auch Yurten sind wieder überall zu sehen. 




 
Verwöhnt von Russlands Straßen haben wir nach 20 Kilometern genug, stellen uns an einen kleinen schönen See, neben der Straße und genießen die Natur.
Am nächsten Morgen steht eine Entscheidung an: Nehmen wir die Mittlere Route durch die Mongolei oder doch die Südroute? Die Mittlere lockt mit mehreren Seen am Anfang und auch fast alle sonstigen Sehenswürdigkeiten die wir besuchen wollen befinden sich auf der Route. In Russland haben uns jedoch Motorradfahrer erzählt, dass am Anfang der Route mehrere Flüsse aufgrund der starken Regenfälle in letzter Zeit bis zu 2 Meter tief seien und durchfahren werden müssen. Auch die Mongolia-Ralley Fahrer, die wir an der Grenze getroffen haben erzählten uns, die Route sei gesperrt.
Also entscheiden wir uns, die Seen ausfallen zu lassen und erst bei Altai über Uliastai nach Norden auf die mittlere Route zu fahren.
Wie sich herausstellt eine sehr gute Entscheidung. Nach dem anfänglichen Wellblech empfängt uns bester Teer, wie wir ihn eigentlich erst wieder in Ulanbator erwartet hätten. Zwischendurch müssen wir zwar ein paar Dutzend Kilometer neben dem Asphaltgold auf Pisten fahren, aber auch hier wird man in den nächsten Monaten mit der neuen Straße fertig sein. 


 
Es erschließt uns nicht, wieso manche Leute der Meinung sind, die Mongolei würde dadurch ihr Flair verlieren. Wir sehen es eher umgekehrt. Die Kilometer über die Staubpisten sind für Mensch und Material anstrengend, man kann sich nicht auf die Natur konzentrieren, da die Schlaglöcher selbige abverlangen und durch die zahlreichen, parallel verlaufenden Pisten wird die Natur massiv in Mitleidenschaft gezogen.
Für Offroadabenteuer muss man einfach nur ein paar Meter von der Hauptstraße abbiegen, dann gibt es fast nirgends mehr Asphalt.

So erreichen wir recht zügig die erste Stadt in der Mongolei, Ölgii. Im Reiseführer steht, ihr Charme zeigt sich erst nach 2-3 Tagen Aufenthalt, das können wir bestätigen. Bei dem kurzen Tank- und Einkaufsstop sind wir ihm nicht erlegen, dafür waren wir wahrscheinlich noch nicht lang genug in der Einöde. 


 





AUF DEM WEG NACH ALTAI – Fahren fahren


Weiter geht es an den See Tolbo Nuur, wir parken ein paar Kilometer entfernt auf einer Anhöhe mit schönem Ausblick.
Von hier können wir mal wieder die Mountainbikes nutzen und an den See radeln. Hier befinden sich ein paar Yurtcamps, doch interessanter Weise sind die Touristen vor allem Einheimische, europäische Touristen haben wir noch nicht getroffen.




Tags darauf heißt es wieder Kilometer machen. Wer weiß wie lange die Straßen noch so gut sind und ein 30 Tage Aufenthaltsrecht für so ein großes Land ist nicht sehr viel.
Khovd wartet mit der gleichen Attraktivität wie die bisherigen mongolischen Städte auf, sie muss im verborgenen liegen. Da viele Mongolen die Sommerzeit in den Yurten verbringen ist es auch nachvollziehbar, dass uns kein zweites Heidelberg erwartet und ein gewisses Flair haben die Häuser allerdings, grade wegen ihrem mittelmäßigem baulichem Zustand.












ULIASTAI – schöne Einsamkeit und schlechte Wege


Nach Altai verlassen wir die Südroute und biegen auf die A1103 ab, die uns nach Norden auf die mittlere Route bringen soll. Schon ab dem ersten Meter offenbart sich, wie die Straßen gewesen sein müssen, bevor die Chinesen den Straßenbau in der Mongolei vorangebracht haben.
Die Hauptstraße, in die laut Reiseführer aufstrebende Großstadt Uliastai, erinnert eher an einen mittelmäßigen Feldweg. 


 


 
Unser Reisetempo verringert sich schlagartig, auch die Anzahl der Fahrzeuge nimmt deutlich ab. So können wir uns abends 10 Meter neben die Hauptstraße stellen und bis zum nächsten Morgen kommt nur ein einziges Auto vorbei.






Auch wenn sich der Straßenzustand auf der Strecke Richtung Norden deutlich verschlechtert hat, freuen wir uns, diesen Weg genommen zu haben. Hier erleben wir die Mongolei, wie wir sie uns vorgestellt haben mit endloser Weite, zahlreichen freien Tieren und Einsamkeit. 








Was uns an der Tierwelt erstaunt ist, das wir neben den hier ins Landschaftsbild passenden Jaks, Pferden und Kleintieren oft ein Tier treffen, das wir eher an der Nordsee erwarten:
An fast allen Wasserstellen treffen wir auf Möven!
Auch die lokale Automobilwelt überrascht. Sie ist durch einen regen Import an Japanischen Fahrzeugen fortschrittlicher als die Deutsche, es finden sich hier Hybridfahrzeuge in allen Formen und Größen. Das beliebteste Geländefahrzeug hier ist der Toyota Prius! ;-)
Es ist erstaunlich, über welche Pisten das arme Fahrzeug gequält wird.
Das Auto scheint sein Aussehen durch Robustheit zu kompensieren, auch wenn zahlreiche liegengebliebene Fahrzeuge mit Achsbruch bei LKW oder abgerissenen Rädern bei PKW zeigen, dass das im Vergleich zu uns deutlich höhere Tempo der Einheimischen, ab und zu seinen Tribut fordert.
Damit unsere Reise ohne weitere Reperaturen bleibt und auch sonst alles gut geht, machen wir nahezu an jedem größeren Ovoo halt. Ovoos, das sind runde Steinhaufen, welche die Mongol_Innen dreimal umrunden und Opfergaben hinterlassen, um eine sichere Reise zu haben. Geschmückt sind diese Steinhaufen häufig mit blauen Bändern, welche den ständig blauen und unendlich scheinenden Himmel der Mongolei symbolisieren und auch für das Reich der Ahnen stehen. Dazu kommen unterschiedlichste Opfer...Milch, Geld, Räucherstäbchen, Kekse, Bonbons...mitunter erwartet einen an so einem Ovoo ein spezieller Geruch von den geopferten Lebensmitteln. Auch wir hinterlassen Kleinigkeiten...man möchte die Geister ja nicht verärgern und gut an seinen Zielen ankommen?! Ebenso handhaben wir es mit Buddha Statuen, Gebetsmühlen und Stupas, ein kurzer Stopp, innehalten, Gebetsmühlen anstoßen, ein besseres Karma hat noch keinem geschadet!


Kurz vor Uliastai übernachten wir an einem idyllischem Fluss, der mal wieder zum Baden einlädt. Am Abend treffen Kurt und Marlis mit ihrer Tochter Marina ein und gesellen sich zu uns. Wir haben uns schon vorher gegenseitig auf dem Laufenden gehalten und wollen die Strecke hinter Uliastai zusammen fahren, da sie laut eines anderen Reisenden extrem schlecht sein soll und der Motorradfahrer sogar Zweifel hatte, ob der Allradsprinter von Kurt und Marlis die Verschränkungen überhaupt bezwingen kann.



Am nächsten Tag empfängt uns erst einmal eine sehr angenehme Piste, so dass die angehende Großstadt schnell erreicht ist. Was hier als Großstadt definiert wird ist bei uns eher ein Dorf, wir verweilen nur sehr kurz, außer Benzin, Brot und Wasser benötigen wir nichts. Die ersten dreißig Kilometer hinter der Stadt lassen sich ebenfalls sehr gut fahren, die Piste wurde bereits verbreitert und wird wohl auch bald asphaltiert. 





 
Dann verschlechtert sich die Piste doch noch und ist übersät von kleinen tiefen Schlaglöchern die den Bus schaukeln lassen. Gemächlich kippen wir von einem Loch in das andere. Das ist zwar kein angenehmes Fahren mehr, aber nichts, wofür man einen Allradler bräuchte. Es bestätigt sich mal wieder, dass man fast alle Pistenbeschreibungen die man so erhält getrost ignorieren kann, sobald sie älter als ein paar Tage sind. 



 
Früher als erwartet erreichen wir den Gipfel des Passes und rollen gemütlich ins Tal. Hier übernachten wir auf Überresten einer alten Piste, auch hier fangen die Vorbereitungen für eine neue geteerte Straße an. 

 
Eine ebensolche erwartet uns am nächsten Tag, wir verabschieden uns von den Dreien und gleiten auf der mittleren Strecke Richtung Ulanbator.















TSAGAAN NUUR – Vulkanlandschaft am See


Die Landschaft ändert sich hier wieder, es wird bergiger und grüner. Die Mongolei ist abwechslungsreicher als wir es erwartet hätten. Es tauchen immer mehr Bäume am Wegesrand auf und als sich auch noch ein Fluss dazugesellt, haben wir einen traumhaften Stellplatz für die Nacht.




   
Hier könnten wir es uns auch für ein paar Tage gemütlich machen, aber es locken noch andere Highlights, weshalb es am nächsten Tag weiter zum See Tsagaan Nuur geht, an dem ein Vulkan auf seine Besteigung wartet.
Der See und der Vulkan liegen in einem Naturschutzgebiet, an dessen Eingang wir wieder auf die drei Schweizer treffen. 


 
Nach Erleichterung von umgerechnet 80 Cent pro Person fahren wir in den Park. Hier sind die Pistenzustände so, wie ich sie auf der Verbindungsetappe befürchtet habe. Ordentliche Verschränkungen und spitze Vulkansteine lassen ein vorankommen nur noch in Schrittgeschwindigkeit zu.
Dafür werden wir nach 10km Gerumpel und Geschüttel mit einem wunderschönen Blick auf den See entlohnt. Alleine ist man hier zwar nicht mehr, es wimmelt von Yurtcamps, bei denen sich zahlreiche Japaner einquartiert haben, aber das tut der Schönheit des Ortes keinen Abbruch.




 
Wir beschließen hier einen Ruhetag einzulegen und am nächsten Tag mit den Mountainbikes zum Vulkan zu fahren.






Leider spielt das Wetter nicht mit und der nächste Tag empfängt uns mit tiefen Wolken und Regen. Um so besser, dass wir Pausieren wollten, dann wird es eben ein Bustag. Die Kulisse aus dem Fenster verführt zum Stundenlangen rausschauen und beobachten. Mal kommen die Möwen vorbei, dann spielen die freien Pferde vor dem Bus fangen oder die Japaner versuchen die komischsten Verrenkungen für ihre Selfi/Instagramm/Hashtag/Like Bilder zu vollführen.




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