ARMENIEN
- Unsere Einreise
Die
Straße Richtung Armenien wird immer schlechter und ist übersät von
Schlaglöchern. Die Autos kriechen in Schlangenlinien die volle
Straßenbreite ausnutzend Richtung Grenze. Mitten im Nirgendwo taucht
das ersehnte Gebäude auf. Die georgischen Grenzer brauchen für die
zwei Autos vor uns eine Ewigkeit, doch irgendwann sind wir dran,
werden schnell abgefertigt und weiter geht es zur armenischen
Einreise. Die Kontrolle beschränkt sich wie eigentlich bei allen
Grenzen auf ein bewundern des Autos.
'Mercedes?!'
'Ja'
'Aaahh'
'Custom
made?!' ..und so weiter
Anschließend
dürfen wir bei den verschiedensten Stellen unsere Pässe und die
Fahrzeugdokumente zeigen, um die Road Tax und die Versicherung zu
bezahlen. Die Fahrzeugdaten, die der nette Beamte in das Dokument
einträgt stimmen zwar nicht so ganz, aber dass kann ich erst sehen,
nachdem ich eine Übersetzung des bereits unterschriebenen Dokumentes
bekomme.
Den
Versicherungsmakler in lila Samtsakko müssen wir erst aus seinem
Tiefschlaf wecken, heute kommen wohl nicht so viele Autos vorbei.
Die
ganze Zeit werden wir von einem gut gelaunten Zöllner unterstützt,
der grade dabei ist deutsch zu lernen, um in Regensburg
Ingenieurswesen zu studieren, gegenüber von BMW, wie er uns stolz
verkündet.
Armenien
empfängt uns mit Straßen, bei denen die Löcher zumindest mit Kies
gefüllt sind, so dass wir endlich mal wieder mit Geschwindigkeiten
über 30km/h dahingleiten können!
Leider
ist es noch nicht wirklich wärmer geworden, also müssen wir zum
ersten mal die Heizung zum schlafen anschmeißen.
Da
wir in der oberen Hälfte von Armenien nichts auf dem Plan haben
fahren wir am nächsten Tag bis nach Eriwan.
ERIWAN
- Plattenbau und Denkmalkunst
Hier
soll es eine Boulderhalle geben, wir haben aber nur eine Adresse und
sind gespannt, was uns erwartet (40°10'13.37“N,44°31'11.33“E).
Wir parken in einer Gasse, in der es nur marode Plattenbauten und
kleine Buden gibt, hier soll die Halle sein?! Wir fragen in den Läden
nach und tatsächlich kennt eine Verkäuferin den Ort, es ist einer
der Plattenbauten, der eigentlich wie ein Wohnhaus aussieht. Wir
folgen in dem Haus den Zetteln die den Weg zu Boulder Town weisen.
Über unzählige Stufen und durch Gänge, vorbei an Wohnungen,
Tanzschulen, einer Schreinerei und einem Bäcker finden wir
tatsächlich eine verschlossene Tür, hinter der es zu den
Plastikgriffen gehen soll! Erstaunlich, was sich so alles hinter so
einer unscheinbaren Fassade verbergen kann.
Ab
18:00 Uhr ist Boulder Town geöffnet, so vertreiben wir uns erst mal
zwei Stunden in einem Café, trinken unfassbar süße Limo und
nutzten das Internet zum Blog hochladen.
Der
Boulderraum ist später tatsächlich offen und wir lernen ein paar
Einheimische und eine Finnin kennen und verbringen einen netten Abend
mit ihnen.
Vielleicht treffen wir sie im Hells Canyon wieder, wo wir
hoffen, bei etwas mehr Wärme draußen klettern zu können. Ansonsten
schlagen sie uns vor, dass wir zusammen eine Sporthalle in Eriwan
mieten können, da kann man drinnen klettern, muss allerdings die
ganze Halle mieten, da sie sonst für andere Zwecke verwendet wird
(40°08'48.03“N,44°29'53.32“E).
Nach
dem Bouldern stellen wir uns gegenüber von einer LPG-Tankstelle (ca.
30-35 Cent/Liter) auf einen Friedhofsparkplatz.
Der
Friedhof ist riesig, er bedeckt den ganzen Hang und die Ebene
dahinter, sogar mit dem Auto kann er befahren werden. Am nächsten
Morgen gehen wir auf ihm spazieren und bestaunen die imposanten
Gräber. Jedes hat einen Zaun und ist locker 15qm groß. Viele
Armenier bekommen Grabsteine aus poliertem Marmor, auf denen die
Abbilder der Verstorbenen teilweise in voller Größe dargestellt
sind. Ich staune über die Technik und vermute, die Bilder werden mit
Laser oder anderweitig Maschinell aufgebracht, so authentisch sehen
sie aus.
Andere
Ruhestätten sind mit einer Büste des Verstorbenen komplett aus
weißem Marmor auf einem Sessel thronend gestaltet.
Als
wir am Bus unsere Wasserkanister auffüllen und spülen kommt ein
Mann von der anliegenden Grabsteinsfertigungsstätte zu uns, um uns
auf Cay oder Kaffee einzuladen. Eigentlich hatten wir geplant den Bus
startklar zu machen, doch wer kann schon nein zu einem zweiten
Morgenkaffee sagen?!
Wenig
später sitzen wir in seinem Büro und er präsentiert uns stolz die
von ihm gefertigten Grabsteine auf Fotos.
Wir
bekommen Kaffee und leckeren Tee kredenzt, den er selber aus den
Bergen gepflückt hat und der gut für das Herz sein soll. Zumindest
interpretieren wir das so, denn aufgrund von fehlender gemeinsamer
Sprache gibt es einige Interpretationsfreiräume.
Zu
den Getränken dürfen Teilchen und Obst natürlich auch nicht
fehlen, wir werden empfangen wie lange erwarteter Besuch!
Die
Dekoration des Raumes besteht im wesentlichen aus einem
Karatekalender, nicht ohne Stolz gibt uns der Herr zu verstehen, dass
er mal Meister in Armenien war.
Nach
der reichhaltigen Versorgung zeigt er uns auch noch, wie die Fotos
auf die Marmorsteine kommen: ein älterer Mann sitzt mit ein paar
zusammengebundenen Metallspitzen da und klopft die Bilder mit all
ihren Schattierungen händisch auf den Stein! Punkt für Punkt
arbeitet er nahezu dreidimensional die verschiedenen Ebenen von
Gesicht, Körperhaltung und Hintergrund aus dem Stein heraus.
Er
hat ein bis zwei Bilder des Verstorbenen als Vorlage und klopft sie
ohne weitere Hilfsmittel fotorealistisch nach!
Sein
Kollege hat zumindest einen Drehmel, um die Buchstaben zu schreiben.
Zum
Abschied werden wir noch mit Käsegebäck, Tee und Kaffee zum
mitnehmen überhäuft.
Wir
gehen zum Bus und verstauen unsere Sachen, als der Steinmetz abermals
bei uns vorbei kommt und uns noch süße Teilchen schenkt, die er in
den paar Minuten noch bei einem Bäcker hat besorgen lassen.
Er
strahlt über beide Ohren, als wir ihm ein Foto von uns mit
Dankesworten übergeben.
Die
Menschen in Armenien sind nochmal ärmer als in Georgien, aber die
Freundlichkeit die wir bisher erleben ist überwältigend. Egal ob an
der Grenze, in Eriwan oder auf dem Land, bisher hatten wir mal wieder
nur positive Erlebnisse.
KHOR
VIRAP - Panorama an der türkischen Sicherheitsgrenze
Der
nächste Halt, ein nur 40Km entferntes Kloster scheint touristisch
hoch frequentiert zu sein, uns beeindruckt jedoch seine Kulisse mit
dem nicht weit entfernten Mount Ararat mehr.
Das
Kloster ist ein nettes kleines Gebäude, im Gegensatz zu den
imposanten schneebedeckten Bergen im Hintergrund.
Wir
übernachten auf einem Nachbarhügel und können von da die
umfassende Grenzsicherung der Türkei bestaunen; Nachts leuchten
hunderte Flutlichtscheinwerfer in Richtung Armenien.
NORAVANK-
und HELLS CANYON – Kletterei und schwarzer Tag
Wir
wollen die nächsten Tage mal wieder Fels berühren und fahren in den
Noravank Canyon. Auf dem Weg wird noch frisches Wasser für die
nächsten Tage an einer Bergquelle gebunkert. Der Obsthändler
daneben schenkt uns direkt zwei leckere Pfirsiche.
Der Canyon ist
schön schmal, so ist immer eine Wand im Schatten. Tagsüber fahren
einige Reisebusse durch, um das nahegelegene Kloster anzusteuern,
doch Abends haben wir das wunderbare Panorama für uns.
Viele
der Routen hier sind Trad, doch es gibt auch ausreichend
Sportkletterei, wir steigen sogar beide eine 7a+ durch! Leider nicht
Lead...ich hatte das Seil schon in einer einfacheren Route in den
Umlenker geklippt, aber auch Toprope war die Route für uns fordernd.
Die Topos für Armenien und somit auch für die beiden hier
beschriebenen Canyons, lassen sich gratis unter http://uptherocks.com
downloaden.
Nach
zwei Klettertagen im Norovank Canyon geht es 20Km zurück in den
Hells Canyon, wo wir hoffen die Bekanntschaften aus „Boulder Town“
zu treffen.
Wir
parken alleine auf einer Bergkuppe und haben einen sensationellen
Blick in den Canyon und auf die umgebenen Berge.
Am
Tag darauf geht es runter in den Hells Canyon, den man eher
Paradise-Canyon nennen sollte. Malerisch schlängelt sich ein Bach
durch die Schlucht und auf beiden Seiten wunderbarer Felsen.
Leider
erweist sich der Tag bis auf die schöne Kletterei als nicht
unbedingt unser Glückstag.
Es
fängt mit dem Frühstück an, die Milch ist schlecht und wir
bemerken es erst, als sie schon im Kaffee und Heidis wertvollem Müsli
ist. Müsli ist das einzige Lebensmittel, dass wir auf unseren Reisen
immer importieren, da es in vielen Ländern schwer bis gar nicht oder
sehr teuer zu erstehen ist. Da schmerzt es, eine ganze Schüssel
davon weg zu kippen, nachdem Heidi davon gekostet und das Gesicht
verzogen hat.
Die
Leute, die wir von oben im Canyon gesehen haben sind auch nicht
unsere Bekanntschaft aus Boulder Town, sondern ein paar Leute aus
Eriwan, die hier zum ausnüchtern übernachtet haben, da sie auf dem
Weinfest im Nachbardorf waren. Am Ende des Tages, als die ganze
Konzentration schon für das Klettern aufgebraucht worden ist, findet
die Pechsträhne ihren Höhepunkt: Ich will den schönen Ort mit der
Drohne festhalten und crashe sie gegen die Felswand. Der starke Wind
und die aus meiner Perspektive nicht ersichtlich überhängende Wand
kamen ihr zu nah. Natürlich stürzt sie nicht nur die 30Meter ab,
sondern kommt dann im Bach zum liegen.
Erstaunlicherweise
hat sie dabei die ganze Zeit noch gefilmt und der Body scheint das
Wasser überlebt zu haben. Nur wird sie mit einem statt vier Motoren
wohl kaum noch fliegen.
Das
einzig positive dran ist, dass wir uns jetzt keine Gedanken mehr
darüber machen müssen, wie wir sie vor der iranischen Grenze
verstecken sollen.
Am
Abend rutscht mir dann auch noch der Topf mit den Nudeln beim Wasser
abgießen aus den Händen und ich verteile sie auf der Wiese. Eine
runde Sache aber jetzt habe ich mal genug von diesem Tag und versuche
ihn möglichst schnell zu beenden.
Von
Heidis Kollegen haben wir ein Sprichwort auf unsere Reise
mitbekommen: „Immer nur Sonne macht eine Wüste“ (arabisches
Sprichwort) und so gehören solche Tage wohl einfach auch mit dazu?!
Immerhin
heitern einen die einmalige Natur und die schönen Routen am Tag
darauf wieder etwas auf.
Die Fotos steigern sich ja immer mehr; Anton findet sie ganz toll, will sie immer wieder sehen und möchte auch dahin fahren, wo so viel Schnee ist.
AntwortenLöschenDann wisst ihr ja schon, wo der windvogel 2 demnächst mal hinfliegen kann ;) sehr zu empfehlen!
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