ARDESEN
– Willkommen "zu Hause"
Die
Grenze zwischen Georgien und der Türkei ist für uns keine
Unbekannte mehr, in umgekehrter Richtung durften wir vor etwa einem
Jahr bereits Stunden vor ihr verbringen. Wir richten uns auch dieses
Mal mental auf chaotische Verhältnisse und kilometerlange Staus ein,
doch es kommt erfreulicher Weise anders als erwartet.
Wir
rollen die kurvige Küstenstraße entlang und erinnern uns, wo wir
das letzte mal im Dunkeln im Stau gestanden haben, doch heute haben
wir die Straße fast für uns alleine. Kurz vor der Grenze überlegen
wir, ob vielleicht mal wieder ein Feiertag ansteht, aber die Grenze
hat zum Glück offen.
Wir
werden in wenigen Minuten abgefertigt und schon sind wir in der
Türkei!
In
der ersten Stadt besorgen wir uns direkt eine SIM Karte, wir werden
ein paar Wochen in dem Land verbringen und stürzen uns auf die
türkischen Leckereien. Es fühlt sich fast an, wie wieder zu Hause
zu sein, man bekommt alles in den Supermärkten, besonders frisches
Obst und Gemüse und jeder Zweite kann Deutsch. Nur wird man zu Hause
von Fremden nicht so freundlich empfangen wie hier.
Unser
erstes Nachtlager schlagen wir an einem Fluss in der Nähe von
Ardesen auf, hier soll man Wildwasser fahren können. Leider sehe ich
auf dem Weg zum Schlafplatz, dass der Fluss viele neue betonierte
Rampen bekommen hat, die ihm wahrscheinlich etwas an Wildheit
genommen haben. Zudem wird überall nur Rafting angeboten, ich wollte
aber mit einem Wildwasser Kajak fahren, so beschränken wir uns
darauf, die schöne Natur zu genießen.
Als
wir bei einer Ansammlung von ein paar Häusern fragen, ob wir auf
einem frisch geschottertem Platz übernachten dürfen werden wir
umfänglich begrüßt. Natürlich dürfen wir hier stehen und wenn
wir irgendetwas haben wollten sollen wir nur am Haus gegenüber
klopfen.
Türkei,
es ist schön wieder da zu sein!
ORDU
– Das sind keine zwei cm, nie im Leben lieber...Frisör
Wir fahren weiter an der Küste des schwarzen Meeres Richtung Westen, denn die Straße an der Küste ist gut ausgebaut und nicht so hügelig. Wer sich eine topographische Karte der Türkei anschaut wird staunen, wie bergig Diese ist.
Unser
nächster Stopp ist die Küstenstadt Ordu. Wir parken direkt am Meer
an der Talstation einer Bergbahn, die über die Stadt zu einem
Aussichtspunkt führt. Leider ist das Wetter zu wolkig, daher
bevorzugen wir es, die Stadt zu erkunden.
Als
erstes natürlich kulinarisch, dann zu Fuß. In der riesigen schön
gemachten Fußgängerzone lassen sich hervorragend Stunden verbummeln
und wir genießen es, einfach ziellos durch die Stadt zu flanieren.
Auf
dem Rückweg entdecke ich noch einen winzigen urigen Frisör. Da mich
die langen Haare beim Klettern nerven und das unser primäres Ziel
für die nächsten Wochen sein wird, will ich mir 2-3 cm abschneiden
lassen.
Die
Aufgabe ist schnell erklärt und der Frisör nickt verständnisvoll.
Nur hat er die Längenangabe leider invertiert und so viel stehen
lassen, wie ich ab haben wollte! So komme ich um zwei Euro und
etliche Haare erleichtert aus dem Laden, der nächste Termin wird
wohl erst 2019 nötig sein!
Von
Ordu aus geht es für uns Richtung Süden, wir wollen an der Südküste
entlang nach Antalya fahren. Sofort wenn man die Küste verlässt
wird es bergig und kurvig. Die Straße schlängelt sich durch winzige
Dörfer und man merkt den Menschen an, das hier nicht täglich
Touristen vorbei kommen.
Leider
können wir das schöne Bergpanorama durch den dichten Nebel nur
erahnen.
Als
wir kurz vor dem Tuza Lake in einem kleinen Ort unsere Brotvorräte
auffüllen wollen, sind wir die Attraktion. Gleich werden wir von
zahlreichen Männern willkommen geheißen und sogar hier in der
Einöde, auf deutsch empfangen.
Der
Salzsee ist zumindest auf der Seite auf der wir stehen so
ausgetrocknet, das auf ein Bad verzichtet werden muss, dafür
genießen wir die Landschaft und die Ruhe und die Besuche eines
Kuhhirten, der uns mit Früchten und Walnüssen beschenkt.
KAPPADOKIEN
– mehr als nur heiße Luft
Da
Kappadokien gleich um die Ecke von unserem ersten Kletterstopp liegt,
beschließen wir, noch ein wenig Zeit in der Region zu verbringen.
Den
ersten Halt legen wir in Ürgüp ein, einer Stadt mit zahlreichen
Felsenwohnungen. Hier entdecke ich auch meinen neuen türkischen
Lieblingsnachtisch: Künefe! Käse mit Kruste aus irgendwas in
Zuckerwasser und Fett! Lecker!
Weiter
geht es nach Göreme, der Stadt in Kappadokien, von der die Ballons
starten. Wir parken etwas außerhalb bei einem der Startpunkte für
die Ballons. Der Ort liegt auf der gleichen Höhe wie die
Felsenwohnungen und wir sind etwas enttäuscht von der zu erwartenden
Aussicht, wenn die Ballons fliegen.
Das
ändert sich schlagartig, als wir um sechs Uhr morgens aufstehen und
mit Kaffee und Fotoapparat aus dem Bus kriechen. Keine 10 Meter
entfernt von uns, werden gerade drei riesige Heißluftballons für
den Flug vorbereitet. Wir klettern auf einen kleinen Hügel und
sehen, dass wir von dutzenden, wenn nicht hunderten Ballons, umgeben
sind. Nach und nach füllen sich die Ballons mit Luft und langsam
steigen die ersten aufflackernd in der Morgendämmerung auf.
Es
ist ein einzigartiges Spektakel, für das sich das frühe Aufstehen
auf jeden Fall lohnt. Die Ballons leuchten im Dunkeln besonders
eindrucksvoll und wenn sie ein paar Meter entfernt von uns
vorbeifliegen, können wir sogar die wohlige Wärme der Gasflamme
spüren.
Während
wir auf dem Hügel stehen, fährt ein auf Hochglanz poliertes
Oldtimer Cabrio an uns vorbei und stoppt ein paar Meter entfernt von
uns.
Es
wird mit den Ballons als Fotomotiv für ein rausgeputztes,
asiatisches Hochzeitspaar verwendet.
Nach
einer Stunde ist das Ballon-Schauspiel vorbei und wir können die
Erlebnisse beim Frühstück sacken lassen. Jeder, der in der Region
ist, sollte sich dieses Erlebnis, so touristisch es auch sein mag,
nicht entgehen lassen!
KAYMAKLI
– I wanna climb at the bottom with you..
Da
wir noch ungewohnt viel Tag nach dem frühen Schauspiel übrig haben,
beschließen wir die alte Untergrundstadt in Kaymakli zu besichtigen.
Es gibt zahlreiche unterirdische Städte oder Felsenwohnungen in der
Gegend zu entdecken, wer so etwas mag, kann hier Tage und Wochen
verbringen.
Die
Stadt in Kaymakli ist bereits für Touristen erschlossen und gut
beleuchtet und beschildert. Es lassen sich sicher einsamere Orte
finden, doch wir finden auch diese Stadt spannend. Für Touristen
sind nur die ersten vier Stockwerke der Stadt zugänglich. Wirft man
einen Blick in einen der Lüftungsschächte, welche die Stadt mit
Sauerstoff versorgen so sieht man, dass man obwohl man sich schon
unglaublich tief unter der Erde wähnt, grade mal an der Oberfläche
der Stadt kratzt und sie noch etliche Stockwerke tiefer geht. Nur 5%
der Stadt sind für Touristen zugänglich, kaum vorzustellen wie das
tägliche Leben damals, ohne die nette Elektrobeleuchtung, dafür
aber mit einigen mehr Bewohnern, zu bewältigen war.
MARTI
– Mein Campingplatz, mein Klettergebiet
Nach
so viel Kultur und Fahrerei ist es mal wieder an der Zeit für etwas
anderes: Klettern!
Wir
verlassen die gut ausgebaute Straße Richtung Süden und kurven uns
einem gut gehütetem Geheimnis entgegen, in der Gegend soll es ein
super Klettergebiet geben!
Wir
konnten das Gebiet in keiner Kletterapp und auf keiner Website
finden, aber haben es von Leigh & Stephanie, die wir in
Stephansminda getroffen haben, empfohlen bekommen.
Die
Straße wird wieder kurviger, die Luft dünner und kälter. In der
Ferne können wir schneebedeckte Berge bewundern. Wir dachten, es
wird mit jedem Kilometer nach Süden wärmer, weit gefehlt. Hier hält
der Herbst langsam aber sicher Einzug.
Die
Adresse des Campingplatzes in maps.me ist falsch, aber bei einem Ort
der aus kaum mehr als zehn Häusern besteht, bekommen wir schnell den
richtigen Ort gezeigt.
Wir
parken vor dem Campingplatz und wollen uns registrieren, doch alles
ist verschlossen. Kein Problem, irgendwann wird schon jemand vorbei
schauen.
In
der Tat kommt nach ein paar Stunden ein Mann vorbei, schließt uns
Bad und Küche auf und gibt uns den Hauptgrund, warum wir hier
stehen: den Kletterführer von dem Gebiet, ohne den wir hier recht
aufgeschmissen wären.
Den
Besitzer des Campingplatzes lernen wir nur am Telefon kennen, wir
vereinbaren mit ihm die Übernachtungskosten und sein Freund kommt
uns täglich besuchen, um sie abzuholen. Ansonsten haben wir den
ganzen Campingplatz für uns allein, einzige weitere Gäste sind zwei
kleine Katzen und zwei Hunde, die uns direkt in ihre Gemeinschaft
aufnehmen.
Das
Panorama ist so beeindruckend und die Ruhe auf unserem Platz so
erholend, dass wir erst einmal einen Pausetag einlegen und
ausführlich die Annehmlichkeiten des Platzes nutzen.
Frisch
gestärkt machen wir uns Tags darauf auf die Suche nach dem
Klettergebiet. Wie es sich für einen Kletterführer gehört, darf
man dieses nicht gleich auf Anhieb finden, aber ist man erst einmal
da, ist es um so beeindruckender.
Wir
parken mit dem Bus an einer tiefen Schlucht mit Blick auf die massive
Kletterwand des Kazikli Canyon im Aladaglar Nationalpark.
Der
Zustieg ist eine kleine Wanderung, aber das Gebiet entlohnt für das
gekraxel. GPS 37.786705, 35.058226
Die
Routen sind gut abgesichert und nicht speckig, uns gefällt das
Gebiet bestens. Erstaunlich, dass es noch nicht bekannter ist.
Wir
sind hier mal wieder Mutterseelenallein. Nur ein Hirte auf seinem
Esel kommt uns ab und zu besuchen. Der Esel wird uns auch gleich
persönlich vorgestellt und wir werden großzügig mit Äpfeln und
Walnüssen beschenkt und bieten dem Hirten im Gegenzug Ҫay
an.
Leider
empfängt uns mein Geburtstag mit regnerischem Wetter, so dass wir
auf Klettern verzichten müssen. Also machen wir uns auf den Weg ans
Meer.
Zweihundert Kilometer weiter und viele Höhenmeter niedriger parken wir direkt am Strand und werden von bestem Badewetter empfangen.
Ab
jetzt ist die Küste unser steter Begleiter, mal mehr mal weniger
zugebaut.
Unser
nächster Nachtplatz ist absolut einsam.
Erst nach einer kilometerlangen Schotterpiste durch Pinien und Fichten, könnte der Strand ein kleines Paradies sein. Doch grade durch die Einsamkeit kommt leider auch keine Müllabfuhr vorbei und den Platz zieren die Hinterlassenschaften der Picknicker und des größten Plastikmülleimers der Welt, des Meers.
Erst nach einer kilometerlangen Schotterpiste durch Pinien und Fichten, könnte der Strand ein kleines Paradies sein. Doch grade durch die Einsamkeit kommt leider auch keine Müllabfuhr vorbei und den Platz zieren die Hinterlassenschaften der Picknicker und des größten Plastikmülleimers der Welt, des Meers.
ALANYA
- Wundersame Selbstheilungskräfte der Gasanlage
Unser
nächster Zwischenstopp führt uns in eine Werkstatt in Alanya. Die
auf Geländewagen spezialisierte Werkstatt wurde in I-Overlander
empfohlen und ich hoffe, sie können sich mal meine Gasanlage
anschauen, die sich wegen einer Fehlermeldung nicht mehr zuschalten
will. Bisher war mir das aufgrund der günstigen Benzinpreise egal,
aber in der Türkei kostet Benzin schon 1 Euro pro Liter und in den
kommenden Ländern wird es nicht billiger, da will ich lieber wieder
auf Gas fahren.
Der
freundliche, englisch und deutsch sprechende Besitzer versteht
gleich, was ich von ihm will, sagt aber, dass er sich mit Gas nicht
auskennt. Schnell springt er in seinen Landy und bedeutet mir, ihm zu
folgen. Wir fahren durch eine typische Schraubermeile mit einer
Werkstatt neben der anderen, wir fühlen uns gleich heimisch. Vor
einer Garage wird uns begeistert zugewunken. Unser netter Wegweiser
erklärt dem Besitzer auf türkisch, was unser Problem ist und
verabschiedet sich.
Um
die Misere zu zeigen, schalte ich die Benzinzufuhr ab, lasse den
Schwimmer des Vergasers leerlaufen und will die Fehlermeldung zeigen.
Was passiert? Der Wagen lässt sich ohne Probleme auf Gas umschalten!
Bisher
hatte ich immer versucht während der Fahrt umzuschalten, warum es
jetzt im Stand funktioniert, erklärt sich uns nicht, aber vielleicht
hat eines der zwei Ventile geklemmt und war ausgerechnet jetzt wieder
gängig.
Den
Werkstattmeister stört die entgangene Arbeit nicht im geringsten, er
ist ganz aus dem Häuschen, was wir da für ein Auto haben und will
unbedingt eine Besichtigung haben, die er natürlich auch bekommt.
KONAKLI
– Nette Gespräche umgeben von Betongold
Unser Stellplatz für den Abend befindet sich in Konakli direkt am Meer auf einem Strandabschnitt eines geschlossenen Hotelbunkers, rechts und links die Bunker sind noch geöffnet und werden vornehmlich von russischen Urlaubern genutzt.
Abends
spazieren wir die Tourishop Meile entlang. Oft werden wir von den
Ladenbesitzern auf russisch gegrüßt.
In
einem Touristenrestaurant bekomme ich leckeren Fisch und wir kommen
schnell ins Gespräch mit der Bedienung. Wir haben Glück und haben
die Hochsaison um eine Woche verpasst, es ist kaum etwas los. Der
Kellner möchte unbedingt nach Deutschland zum Studieren und besucht
schon fleißig Sprachkurse. Für junge Leute ist es grade nicht
leicht, einen Job zu bekommen und ein türkisches Studium ist laut
seiner Aussage im Ausland nichts Wert, deswegen möchte er in
Deutschland studieren, um irgendwo auf der Welt arbeiten zu können.
Beim
Verdauungsspaziergang lernen wir auch eine andere Meinung kennen. Ein
junger hipper Souvenirladenbesitzer erkennt schnell, dass wir wohl
nicht ins Geschäft kommen werden, dafür aber ins Gespräch. Er
erzählt uns, wie glücklich er ist, nach gescheiterer Ehe in
Österreich wieder in seinem Heimatland zu sein, auch wenn das Leben
hier deutlich schwerer für ihn ist.
Wir
freuen uns, was für Gespräche sich in so einer Touristenhochburg
entwickeln können, wenn man den Leuten ein Gesicht gibt und sie mit
Respekt behandelt, statt in ihnen nur die lästigen Nippesverkäufer
zu sehen.
Auch
unser nächstes Ziel ist bereits vor uns entdeckt worden. Einen
Steinwurf vor Antalya, machen wir Halt in Side.
Hier
wimmelt es von Touristen, diesmal auch Deutschen, die sich wohl neben
dem Strandurlaub auch ein wenig Kultur zu Gemüte führen wollen.

Vielleicht
einhergehend mit ein wenig Shopping, wofür es zahlreiche
Möglichkeiten gibt, die sich aber auf angenehme Weise ins urige
Stadtbild der Landzunge integrieren.
Die
zahlreichen Ruinen sind frei zugänglich und beschildert und bieten
sich für einen gemütlichen Spaziergang an.
Wir
verbringen hier unsere letzte Nacht an der Küste, bevor wir unseren
ersten Besuch auf der Reise in Empfang nehmen dürfen.
Morgen
werden wir in Antalya Lucas aus Berlin vom Flughafen abholen, um mit
ihm gemeinsam unsere erste Woche in unserem Zuhause für die nächsten
drei Wochen zu erleben: Klettern in Geyikbayiri!
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